Ein türkischer Polizist, der wegen des Todes eines regierungskritischen Demonstranten vor Gericht steht, hat sich zur Rechtfertigung auf Präsident Recep Tayyip Erdogan berufen. Er habe nur seine Pflicht getan.
Er fühlt sich frei von Schuld, der türkische Polizeibeamte Mevlüt Saldogan, der wegen des Todes eines Demonstranten während der Gezi-Proteste des vergangenen Jahres vor Gericht steht.
Präsident, Ministerpräsident und Innenminister des Landes hätten die Gezi-Proteste als Staatsstreich bezeichnet, sagte Saldogan laut Medienberichten am Mittwoch vor Gericht. Er habe bei der Niederschlagung dieses Putsches seine Pflicht getan. Saldogan forderte einen Freispruch. Die Staatsanwaltschaft verlangte dagegen lebenslange Haft.
Der Student Ali Ismail Korkmaz war im vergangenen Juni im westtürkischen Eskisehir bei einer Demonstration zur Unterstützung der Gezi-Proteste zu Tode gekommen. Bilder von Überwachungskameras zeigten, wie der Student von mehreren Polizisten und Zivilisten zusammengeschlagen wurde. Der Prozess wurde aus Sicherheitsgründen von Eskisehir ins zentralanatolische Kayseri verlegt.
Mindestens acht Todesopfer
Die Staatsanwaltschaft beantragte am Mittwoch neben der lebenslangen Haftstrafe für den Hauptangeklagten Saldogan ausserdem lange Haftstrafen von bis zu 16 Jahren für drei weitere Angeklagte. Zwei Polizisten sollten aus Mangel an Beweisen freigesprochen werden.
Korkmaz, der mehr als einen Monat nach den Schlägen seinen schweren Verletzungen erlag, ist eines von mindestens acht Todesopfern der letztjährigen Proteste, die vom Istanbuler Gezi-Park ausgingen und das ganze Land erfassten. Erdogan hatte das im In- und Ausland als unverhältnismässig kritisierte Vorgehen der Polizei als «Heldenepos» gelobt.