Portugals Ex-Regierungschef José Sócrates ist in Untersuchungshaft genommen worden. Der 57-Jährige müsse sich wegen «Steuerbetrugs, Korruption und Geldwäsche» verantworten, teilte die portugiesische Justiz nach der Entscheidung des Untersuchungsrichters am Montag mit.
Sócrates war am Freitag auf dem Flughafen von Lissabon überraschend festgenommen worden. Er war von 2005 bis 2011 Regierungschef des Landes. Der 57-jährige Politiker ist der erste ehemalige Regierungschef in der Geschichte Portugals, der in Untersuchungshaft muss.
Sócrates‘ Anwalt Joao Araujo bezeichnete die Entscheidung zur Untersuchungshaft als «zutiefst ungerecht und ungerechtfertigt». Er werde Berufung dagegen einlegen. Sócrates war nach seiner Festnahme drei Tage lang von dem Ermittlungsrichter vernommen worden. Er musste drei Nächte in einer Arrestzelle der Polizei verbringen.
Untersuchungshaft kann nur verhängt werden, wenn Fluchtgefahr des Beschuldigten besteht, oder wenn die Justiz davon ausgeht, dass der Verdächtige die Ermittlungen beeinträchtigen könnte.
Die Ermittlungen gegen Sócrates drehen sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft um Bankgeschäfte und Transfers von Geld unbekannter Herkunft. Ein mit Sócrates befreundeter Unternehmer und ein Fahrer des Politikers wurden ebenfalls in Untersuchungshaft eingewiesen. Ein vierter Verdächtiger – ein Rechtsanwalt – musste seinen Reisepass abgeben und darf das Land nicht verlassen.
Koffern mit Schwarzgeld
Die Justiz gab nicht bekannt, was dem früheren Ministerpräsidenten konkret vorgeworfen wurde. Die Staatsanwaltschaft teilte lediglich mit, die Ermittlungen seien «anlässlich einer Mitteilung einer Bank» aufgenommen worden. Es würden Bankgeschäfte und Geldtransfers «ohne bekannte Rechtfertigung» untersucht.
Nach portugiesischen Medienberichten soll der Fahrer des Ex-Regierungschefs regelmässig nach Paris gereist sein, um dem Politiker dort in Geldkoffern grössere Summen an Schwarzgeld auszuhändigen.
Laut den Berichten hatte die Staatsbank Caixa Geral de Dépositos die Behörden alarmiert, nachdem auf dem Konto des Politikers hohe Summen eingegangen waren, die sich offenkundig nicht mit Sócrates‘ deklariertem Einkommen erklären lassen. Unter anderem geht es um die Frage, wie sich der Politiker eine auf einen Wert von drei Millionen Euro geschätzte Luxusvilla in Paris leisten konnte.