Inmitten einer schweren politischen Krise haben am Sonntag die Bürgerinnen und Bürger von Guatemala turnusmässig den Präsidenten gewählt. Auch ein neues Parlament für das zentralamerikanische Land sowie 338 Bürgermeister wurden gewählt.
Die Wahllokale öffneten um 07.00 Uhr (15.00 Uhr MESZ) und sollten um 18.00 Uhr (02.00 Uhr MESZ) geschlossen werden. Mehr als 7,5 Millionen Guatemalteken sind aufgerufen, ein neues Staatsoberhaupt zu wählen. Da keiner der insgesamt 14 Präsidentschaftskandidaten mit mehr als der Hälfte der Stimmen rechnen kann, dürfte es zwischen den beiden Bestplazierten am 25. Oktober zu einer Stichwahl kommen.
In einer aktuellen Umfrage zur Präsidentschaftswahl lag der Fernsehkomiker Jimmy Morales in Führung. Der 46-jährige Politik-Neuling gilt in der Bevölkerung als Alternative zu den etablierten Politikern. Morales, der für die rechte Partei FCN-Nación antritt, kam in den Umfragen auf 25 Prozent der Stimmen.
Ihm folgte der einflussreicher Unternehmer und Kandidat der konservativen Partei Demokratische Freiheit (Lider), Manuel Baldizón, mit 22,9 Prozent. Er hatte lange Zeit als aussichtsreichster Bewerber gegolten, fiel in Umfragen aber zurück, nachdem gegen den Lider-Kandidaten für die Vizepräsidentschaft, Edgar Barquín, und sechs Parlamentarier seiner Partei Korruptionsvorwürfe erhoben wurden.
Scheidung als Polit-Manöver?
Den dritten Platz belegte mit 18,4 Prozent die sozialdemokratische Ex-First Lady Sandra Torres. Sie hatte sich 2011 von ihrem Mann, dem zwischen 2008 und 2011 amtierenden Staatschef Álvaro Colom, scheiden lassen, um bei der Präsidentschaftswahl antreten zu können.
Die Verfassung Guatemalas verbietet es engen Verwandten des Präsidenten, für die Wahl zum höchsten Staatsamt anzutreten. Die Scheidung war deshalb als politisches Manöver angesehen worden.
Erst am Donnerstag war der bisherige Staatschef Otto Pérez Molina im Zuge von Korruptionsermittlungen zurückgetreten und wenig später in Untersuchungshaft genommen worden. Am Samstag demonstrierten in der Hauptstadt Guatemala-Stadt Hunderte Menschen gegen den Urnengang.
Von den 15 Millionen Einwohnern Guatemalas leben nach amtlichen Angaben fast 54 Prozent in Armut. Das Land leidet noch immer unter den Folgen eines 1996 beendeten jahrzehntelangen Bürgerkriegs mit Hunderttausenden Toten, in denen linke Guerilla-Organisationen gegen die Herrschaft der Militärs kämpften.