Die internationale Presse hat am Mittwoch geteilt auf das Atom-Abkommen mit dem Iran reagiert. Viele Zeitungen würdigen die Bedeutung des Abkommens, manche sehen die Auswirkungen aber kritisch.
Die «Neue Zürcher Zeitung» kommentiert, das Abkommen beruhe auf der Hoffnung, «dass bis in zehn Jahren in Teheran eine neue Generation von Politikern ans Ruder kommt, die das Atomprogramm nicht mehr als Mittel der regionalen Machtpolitik missbrauchen will.» Das sei eine «gewagte Wette».
Das Abkommen von Wien verschaffe dem Westen daher nur eine Atempause, nicht aber die Gewissheit einer langfristigen Lösung im Atomstreit, schrieb die «NZZ».
Im «Tages-Anzeiger» und «Bund» hiess es, auf lange Sicht könne das Abkommen die Region tiefgreifend verändern – und das Verhältnis des revolutionären Regimes im Iran zum Westen. «Vorerst sind die Gegensätze dafür jedoch viel zu gross, vom Irak über Syrien bis zum Libanon und zum Jemen, vor allem aber in der Frage nach der Sicherheit Israels. Darum ging es mittelbar immer in den Verhandlungen.»
Zur Reaktion Israels kommentierten «Tages-Anzeiger» und «Bund»: Wenn Benjamin Netanyahu vom Einknicken des Westens redet, tut er das wider besseres Wissen: Israel kann mit dem Deal gut leben und sicherer, zumindest was die Bedrohung durch das Atomprogramm des Iran angeht. Das gestehen frühere Geheimdienstler offen ein.“
«Schritt nach vorn»
Für die spanische Zeitung «El País» ist das Abkommen ein Schritt nach vorn: Der Kompromiss sei «ein Beweis dafür, dass Diplomatie weiterhin eine unersetzliche Waffe ist, wenn es darum geht, globalen Drohungen zu begegnen.» Die liberale dänische Tageszeitung «Politiken» meint, die abgedroschene Phrase eines «historischen Abkommens» habe endlich einmal ihre Berechtigung.
Die bulgarische Zeitung «Duma» sieht einen energiepolitischen Hintergrund. Das Abkommen führe dazu, dass nicht nur Europa «das Aroma des iranischen Erdöls zu riechen beginnt». Das mache Europa unabhängiger von russischen Energiequellen.
In Israel sieht die linksliberale «Haaretz» das Abkommen als «riesigen diplomatischen Erfolg und historischen Wendepunkt». Die Zeitung «Jediot Achronot» hingegen schreibt: «Die Welt kapituliert vor dem Iran». Und die «Times of Israel» befürchtet, der Iran-Deal könnte einen «israelischen Militärschlag zurück auf die Tagesordnung bringen».
Die Schlagzeile der rechten, regierungsnahen Gratiszeitung «Israel Hajom» (Online) lautet: «Der Tag des Schandmals». «Der 14. Juli 2015 wird als der Tag in die Geschichte eingehen, an dem der iranische Staat, der sich auf den Export von Terror spezialisiert hat, einen internationalen Persilschein erhalten hat.»
«Glücksspielermentalität»
Die US-Medien haben vor allem ihren Präsidenten im Blick und werfen ihm Glücksspielermentalität vor. «Präsident Barack Obama hat die aussenpolitische Spielanleitung wirkungsvoll geschreddert, die die USA auf der Weltbühne für Jahrzehnte geleitet hatte», bemerkt das «Wall Street Journal».
Die «New York Times» analysiert: Wenige Punkte des Abkommens hielten Teheran davon ab, zur Atommacht aufzusteigen. «Herr Obama wird längst aus dem Amt sein, bevor angemessen bewertet werden kann, ob dieser Würfelwurf sich gelohnt hat.»
Die «Washington Post» bezeichnet die Vereinbarung als «leichtsinnige Wette». «Der Deal läuft darauf hinaus, den Führungs-Staffelstab schrittweise an eines der schlimmsten Regime in der Welt zu reichen in der Hoffnung, dass sich sein Wesen ändern wird.»