Der Schweizer Presserat ist der Ansicht, dass die «Weltwoche» mit ihrer Berichterstattung über die Vergangenheit von «Tages-Anzeiger»-Chefredaktor Res Strehle zu weit gegangen ist.
Die «Weltwoche» hatte Strehle am 7. Februar in der Titelgeschichte vorgeworfen, in jungen Jahren Kontakte «zu Bombenlegern und linken Extremisten» gepflegt zu haben.
Im Zusammenhang mit dem Artikel veröffentlichte das Wochenblatt auch verschiedene Polizeifotos, die vom polizeilichen Erkennungsdienst zwischen 1980 und 1984 aufgenommen worden waren. Ein Bild, das nach der Räumung eines besetzten Hauses am Stauffacher in Zürich aufgenommen wurde, zeigt Strehle.
Strehle gelangte darauf an den Presserat. Von diesem wollte er geklärt haben, «ob diese Art von Kampagnen-Journalismus, wie ihn die ‚Weltwoche‘ betreibt, zulässig ist», wie er damals der Nachrichtenagentur sda sagte.
Grundsatz der Verhältnismässigkeit
In seiner am Donnerstag an der Jahresmedienkonferenz veröffentlichten Antwort schreibt der Presserat, dass zwar ein öffentliches Interesse daran bestehe, beim Chefredaktor einer wichtigen Zeitung den beruflichen Werdegang und seine politische Vergangenheit kritisch zu beleuchten.
Aber auch bei öffentlichen Personen sei sorgfältig zwischen dem Persönlichkeitsschutz und dem Anspruch der Öffentlichkeit auf Information abzuwägen. Dabei sei insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit Rechnung zu tragen, heisst es weiter.
Tatsachen entstellende These
Das öffentliche Interesse an der politischen Biografie eines Chefredaktors rechtfertige es aber nicht, fast 30-jährige Polizeifotos zu veröffentlichen, schreibt der Presserat.
Und es berechtige nicht, in Kombination mit weiteren Bildern verurteilter Gewalttäter und Terroristen die durch Fakten nicht belegte und Tatsachen entstellende These zu vertreten, Strehle habe als möglicher Mitwisser und ideeller Unterstützer von politischer Gewalt eine «irritierende Nähe zu Bombenlegern und linken Extremisten» gehabt.