Es war eigentlich schon «göttliche Ordnung», dass kein Spielfilm je den «Prix de Soleure» gewinnt. Nun hat gar eine Komödie den Coup gelandet: «Die göttliche Ordnung» von Petra Volpe erhält an den Solothurner Filmtagen die höchstdotierte Schweizer Filmauszeichnung.
Neun Jahre nach dessen Einführung bekommt damit erstmals ein Spielfilm den «Prix de Soleure» – und dann noch eine Komödie, das vermeintliche Sorgenkind des Schweizer Films. Doch die Jury, bestehend aus Regisseurin Sabine Gisiger, Schauspieler Anatole Taubman und Diplomat Cornelio Sommaruga, überzeugte offenbar gerade das Genre: Petra Volpe habe den Mut gehabt, «ein dramatisches Kapitel der Schweizer Geschichte in einer erfrischenden Komödie zu erzählen».
Der humoristische Film handelt von der anfänglich biederen Hausfrau Nora (gespielt von Marie Leuenberger), die sich in einem kleinen Appenzeller Dorf plötzlich für das Frauenstimmrecht zu engagieren beginnt. Der Regisseurin sei «ein ausgezeichnetes Drehbuch» gelungen und der Film vereine «ein tolles Schauspiel-Ensemble», begründete die Jury ihren Entscheid weiter.
«Die göttliche Ordnung» setzte sich gegen hochkarätige Dokfilme durch. Nominiert waren etwa Heidi Specogna mit ihrem beeindruckenden Werk «Cahier africain» über Kriegsverbrechen in Zentralafrika oder Jacqueline Zünd mit dem melancholisch-schönen Film «Almost There». Der «Prix de Soleure» ist mit 60’000 Franken dotiert und geht jeweils an ein Werk, das ein gesellschaftlich relevantes Thema behandelt.
Den «Prix du Public» sprachen die Zuschauer einem leisen Dokumentarfilm aus der Westschweiz zu. «Docteur Jack» von Benoît Lange und Pierre-Antoine Hiroz, der 20’000 Franken gewinnt, porträtiert den britischen Arzt Jack Preger, der seit Jahrzehnten unentgeltlich Patienten auf den Strassen Kalkuttas behandelt. Beide Gewinnerfilme starten im März in den Deutschschweizer Kinos.
Der historische Moment
Zurück zu Petra Volpe: An der 46-jährigen Aargauerin führte an diesen Filmtagen schlicht kein Weg vorbei. Nachdem ihr Werk in Anwesenheit von Bundesrätin Simonetta Sommaruga die Filmtage eröffnet und so für breite Resonanz gesorgt hatte, nahm «Die göttliche Ordnung» auch an der «Nacht der Nominationen» am Mittwoch eine Favoritenrolle ein.
Dann gab die Schweizer Filmakademie nämlich bekannt, wer sie ins Rennen um den Schweizer Filmpreis schickt; Volpe und ihr Cast wurden gleich sieben Mal nominiert. Fünf Filmpreis-Chancen hat auch Tobias Nölles Erstlingswerk «Aloys», das bereits vor einem knappen Jahr an der Berlinale Premiere gefeiert hatte.
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In die Schweizer Filmgeschichte eingehen wird der Dienstag: Dann erreichte das kleine Filmland Schweiz eine Nachricht aus dem fernen Hollywood. Mit «Ma vie de Courgette» und «La femme et le TGV» nominierte die amerikanische Akademie gleich zwei Schweizer Filme für einen Oscar. Der Jubel fiel auch in Solothurn entsprechend aus, und die Filmtage honorierten den Erfolg der Filmemacher mit einer Sondervorstellung.
Abschied von Christine Beerli
Die Filmtage hatten in diesem Jahr ein neues Ticketsystem eingeführt. An den ersten beiden Festivaltagen funktionierte das Online-System allerdings nicht einwandfrei. Den Besucherzahlen tat das keinen Abbruch, sie bewegen sich im Bereich des Vorjahres, etwa 65’000 Zuschauer besuchten die Filmtage.
Direktorin Seraina Rohrer zeigte sich am Donnerstag im Gespräch mit der sda sehr zufrieden mit der 52. Ausgabe der Filmtage. Neben den cineastischen Höhepunkten hob sie besonders die Begegnungen neben der Leinwand hervor. Sie wolle, dass Besucher und Filmschaffende «süchtig werden nach dieser besonderen Film- und Feststimmung in Solothurn».
Für Rohrer enden die 52. Filmtage aber auch mit einem Wermutstropfen: Christine Beerli, Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft Solothurner Filmtage, legt ihr Amt nach 11 Jahren nieder. Ihren Nachfolger wählt der Verein am 1. Februar in einer ausserordentlichen Generalversammlung. Einziger Kandidat ist FDP-Politiker Felix Gutzwiller.