Den Sika-Verwaltungsräten Hälg, Sauter, Tobler, Ribar und Suter weht ein eisiger Wind um die Ohren. Die Familienholding ficht deren Wiederwahl an. Ein Rechtsgutachten zeigt nun, welch schwerwiegende Folgen ein Erfolg der Familienholding vor Gericht haben könnte.
Verfasst hat das Gutachten Wirtschaftsrechtsprofessor Peter V. Kunz im Auftrag der Familienholding. Die Zeitungen «Tages-Anzeiger» und «Bund» berichteten am Samstag über das 41-seitige Dokument, das auch der Nachrichtenagentur sda vorliegt.
Kunz schreibt darin, dass er die Erfolgschancen der Familienholding vor Gericht als relativ hoch einschätzt. In diesem Fall drohten den fünf Verwaltungsräten laut Kunz «eingreifende persönliche Folgen», etwa finanzieller Art.
Erzielt die Familie vor Gericht nämlich tatsächlich einen Erfolg, würde die Wiederwahl der fünf Verwaltungsräte, die an der Generalversammlung vom April erfolgte, für ungültig erklärt. Das würde Fragen aufwerfen: Etwa ob alles, was die fünf Verwaltungsräte in der Zwischenzeit getan und entschieden haben, nichtig wäre.
Kunz argumentiert, dass zumindest gewisse Verwaltungsratsbeschlüsse nichtig wären. Nämlich jene, die ohne die Stimmen der ungültig gewählten Verwaltungsräte nicht zustande gekommen wären. Da die Familienholding die Wiederwahl von fünf von insgesamt neun Verwaltungsräten anficht, dürfte das bei einigen Entscheiden der Fall sein.
Verantwortlich für Kosten
Laut Kunz müssten nichtige Beschlüsse und ungültige Verträge rückabgewickelt werden, auch wenn dies praktische Probleme mit sich bringe. Die damit verbundenen Kosten stellten einen Gesellschaftsschaden dar, für den die Sika die ungültig wiedergewählten Verwaltungsräte verantwortlich machen könnte.
Die fünf Verwaltungsräte stehen also vor einer schwierigen Situation: Sie sind gewissermassen in der Schwebe und wissen nicht, ob ihre Wiederwahl bestätigt wird oder nicht. Wird sie nicht bestätigt, drohen laut dem Gutachten finanzielle Konsequenzen für die allfällige Rückabwicklung von in der Zwischenzeit gefällten Entscheiden.
Einfach Abwarten und nichts tun ist laut Kunz aber auch keine Option: Inaktivitäten könnten die Firma schädigen. Auch dafür könnten die Verwaltungsräte verantwortlich gemacht werden. Laut Kunz dürfte es daher Sinn machen, die Verwaltungsratsmitglieder an ihre erhöhten Sorgfalts- und Treuepflichten – gerade in der gegenwärtigen Konstellation – zu erinnern.
Juristischer Kniff
Die Familienholding ficht die Wiederwahl von Paul Hälg, Daniel Sauter, Christoph Tobler, Monika Ribar und Ulrich Suter an, weil die Wahl aus ihrer Sicht nur dank eines juristischen Kniffs zustande kam. Der Sika-Verwaltungsrat hatte nämlich die Stimmrechte der Familienholding an der Generalversammlung gestützt auf eine Interpretation der Statuten beschränkt.
Durch diese Stimmrechtsbeschränkung wurden alle Mitglieder des Sika-Verwaltungsrates wiedergewählt – obwohl die Familienholding jene Verwaltungsräte, die sich gegen den Verkauf des Unternehmens an die französische Saint-Gobain wehren, abwählen lassen wollte.
Druck aufbauen
Bei der Sika kommt das neue Gutachten nicht gut an: «Es wird versucht, Druck aufzubauen gegen den Verwaltungsrat von Sika», sagte Mediensprecher Dominik Slappnig der Nachrichtenagentur sda.
«Statt weitere Gutachten zu erstellen wäre es sinnvoll, das Gespräch zu suchen», sagte er. Der Verwaltungsrat der Sika habe dies der Familienholding wiederholt angeboten. «Das Gutachten ist kontraproduktiv und geht an der Sache vorbei», sagte Slappnig.