Tausende Bauarbeiter haben mit einem nationalen Protesttag der Gewerkschaften den Druck auf die festgefahrenen Verhandlungen für einen neuen Landesmantelvertrag (LMV) erhöht. Auf zahlreichen Baustellen in Genf, Lausanne, Bern und Zürich ruhten Betonmischer, Presslufthämmer, Kräne und andere Baugeräte.
Über 7000 Bauarbeiter hätten an den Protestaktionen teilgenommen, sagte der Branchenleiter Baugewerbe bei der Gewerkschaft Unia, Hansueli Scheidegger, vor den Medien in Zürich: „Wir sind überrascht von der Beteiligung an Protesttag. Wir haben nicht so viele Bauarbeiter erwartet.“
Man gehe davon aus, dass sich auf mehr als 1000 Baustellen in den vier Regionen Bauarbeiter für diesen Protesttag freigenommen hätten. Alleine in Genf seien 4000 Bauarbeiter zu einer Kundgebung zusammengekommen, teilten die Gewerkschaften Unia, Syna und SIT mit. In Lausanne zogen 1500 bis 2000 Demonstranten durch die Stadt.
Besserer Vertrag gefordert
Mit ihren Aktionen verlangten die Beschäftigten einen besseren LMV, nachdem Verhandlungen mit dem Baumeisterverband Anfang November gescheitert waren. Die Baumeister hätten die Verhandlungen am 2. November platzen lassen, teilten die Gewerkschaften Unia und Syna mit.
Obschon die Bauwirtschaft boome, gehe die Zahl der Beschäftigten zurück, klagt die Unia. Der Druck sei dadurch massiv grösser geworden. Die Beschäftigten müssten das mit ihrer Gesundheit bezahlen. Gleichzeitig hätten die Fälle von Lohndumping „erschreckend“ zugenommen.
Es brauche deshalb mehr Schutz. Seit neun Monaten verhandelten Gewerkschaften und Baumeister über einen neuen Landesmantelvertrag, doch der SBV blockiere eine Lösung der Probleme. Der bisherige LMV läuft Ende Jahr aus.
Die grosse Beteiligung am Protesttag sei ein wichtiges Zeichen, das der SBV ernst nehmen müsse, sagte Scheidegger. Der Verband müsse jetzt nochmals ernsthaft über die Bücher gehen und Lösungen anbieten. Am nächsten Freitag wollen die Gewerkschaften noch einen Protesttag im Tessin, vor allem in Bellinzona, durchführen.
SBV will klagen
Der SBV kritisierte die Protestaktionen der Gewerkschaften als schwere und illegale Verstösse gegen die Friedenspflicht. Es handle sich dabei nicht um Streiks, weil kaum ein Arbeiter freiwillig die Arbeit niedergelegt habe, sondern um Provokationen der Unia-Leute.
Der Verband kündigte in einem Communiqué an, gegen die Gewerkschaft Unia zu klagen. Bei deren Aktionen seien in mehreren Fällen strafrechtliche Tatbestände erfüllt worden. Die Gewerkschaft sei nicht vor kriminellen Handlungen wie Nötigung, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, Diebstahl bis hin zu Raub zurückgeschreckt, so der Vorwurf des SBV.
Unter anderem will der Verband beobachtet haben, wie Baumaschinen sabotiert wurden. Weitere Verhandlungen mit der Unia über einen neuen LMV seien für den Baumeisterverband nur noch schwer denkbar, hiess es in der Mitteilung.
Hansueli Scheidegger von der Unia konterte, die Vorwürfe des SBV seien „copy-paste“: „Die hören wir seit Jahren bei jeder Aktion, die wir machen.“