Zehn Jahre nach dem Tod zweier Jugendlicher bei einer Verfolgungsjagd in einem Pariser Vorort und den folgenden wochenlangen Unruhen müssen sich zwei Polizisten vor Gericht verantworten. Im nordwestfranzösischen Rennes begann am Montag der Prozess gegen die Beamten.
Es geht um unterlassene Hilfeleistung. Die Polizisten hätten laut den Nebenklägern den Tod der Jugendlichen verhindern können. Der damals 17 Jahre alte Zyed Benna und der 15-jährige Bouna Traoré hatten sich im Oktober 2005 bei einer Verfolgungsjagd mit der Polizei in Clichy-sous-Bois auf ein Gelände des Stromkonzerns EDF geflüchtet.
Sie versteckten sich in einem Transformatorenhäuschen und wurden dort durch einen Stromschlag getötet. Ein dritter Jugendlicher, der sich ebenfalls in dem Transformatorenhäuschen versteckt hatte, wurde durch den Stromschlag schwer verletzt.
Der tödliche Unfall führte zu wochenlangen Vorstadt-Krawallen in ganz Frankreich, hunderte Autos gingen in Flammen auf, zeitweise waren mehr als 250 Gemeinden von der Gewalt betroffen. Die Regierung verhängte angesichts der Ausschreitungen den Ausnahmezustand.
Über die juristische Aufarbeitung des Todes der beiden Jugendlichen gab es ein jahrelanges Hin und Her, mehrere Staatsanwaltschaften wollten das Verfahren gegen die Polizisten zu den Akten legen.
Letztlich wurde aber Anklage erhoben gegen einen Polizisten, der die Jugendlichen verfolgt hatte, und eine weitere Beamtin. Diese befand sich zum Zeitpunkt der Verfolgungsjagd in einem Kommissariat, hörte aber Funksprüche ihrer Kollegen vor Ort mit.
«Reines Gewissen»
Der Anwalt der Polizisten sagte am Montag vor dem Prozessauftakt, seine Mandanten hätten ein «reines Gewissen». Der Beamte vor Ort habe zwei Mal überprüft, ob sich jemand auf dem EDF-Gelände befinde, und sei «sicher» gewesen, dass dies nicht der Fall sei.
«Meine Mandanten haben nie gewusst, dass sich die Flüchtenden auf dem EDF-Gelände oder in dem Transformatorenhäuschen befanden.» Der Anwalt der Eltern der Toten sagte dagegen, der «grauenhafte» Tod der Jugendlichen hätte verhindert werden können.
Der Prozess soll am Freitag enden. Bei einer Verurteilung drohen den Polizisten fünf Jahr Haft und 75’000 Euro Geldstrafe. Eine polizeiinterne Ermittlung hatte kein Fehlverhalten der Beamten festgestellt.
Nicht Polizei als Ganzes vor Gericht
Der Vorsitzende Richter betonte zum Prozessauftakt, er wolle sich bei der Verhandlung auf die Vorgänge am fraglichen Tag konzentrieren. Es werde nicht Frankreichs Polizei als Ganzes der Prozess gemacht; auch gehe es nicht um die «Ausschreitungen, die Frankreich erschüttert haben».
Ein polizeikritisches Bündnis will sich jeden Verhandlungstag vor dem Gerichtsgebäude versammeln und hat für Mittwoch eine Demonstration angekündigt.