Prozessauftakt gegen Bill Cosby wegen sexueller Übergriffe

Nach Dutzenden Vorwürfen wegen mutmasslicher sexueller Übergriffe gegen Bill Cosby hat in Norristown im US-Staat Pennsylvania der erste Strafprozess gegen den Schauspieler und Entertainer begonnen.

Bill Cosby trifft zum Auftakt seines Prozesses wegen sexuellen Missbrauchs im Gericht ein.

Nach Dutzenden Vorwürfen wegen mutmasslicher sexueller Übergriffe gegen Bill Cosby hat in Norristown im US-Staat Pennsylvania der erste Strafprozess gegen den Schauspieler und Entertainer begonnen.

Cosby erschien am Montag im dunklen Anzug mit Gehstock und ging lächelnd langsamen Schrittes zum Eingang des Gerichtsgebäudes. Dabei hakte er sich bei einem Assistenten sowie Keisha Knight Pulliam unter, seiner fiktiven Tochter Rudy aus der TV-Sitcom «Die Bill Cosby Show», die in den 1980er und 90er Jahren Millionen verfolgten.

In dem zwei bis drei Wochen dauernden Verfahren geht es um Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs einer ehemaligen Universitätsangestellten. Die Geschworenen-Jury besteht aus sieben Männern und fünf Frauen.

Cosby will nicht aussagen

Bei einer Verurteilung drohen dem 79-Jährigen mehrere Jahre Gefängnis. Cosby selbst hat angekündigt, nicht auszusagen. Insgesamt werfen ihm mindestens 60 Frauen sexuellen Missbrauch vor, diese Vorwürfe sind aber nicht Gegenstand des laufenden Verfahrens.

«Vertrauen, Verrat und die Unfähigkeit, zuzustimmen – darum geht es in diesem Fall», sagte Staatsanwältin Kristen Feden in ihrem Eröffnungsplädoyer. «Dieser Fall handelt von einem Mann, der seine Macht, seinen Ruhm und seine zuvor geübten Methoden benutzte, um eine junge Frau in einen handlungsunfähigen Zustand zu versetzen, damit er sich sexuell vergnügen kann.»

Die heute 44-jährige Andrea Constand sei als Folge der Tabletten «komplett gelähmt, erstarrt, leblos» gewesen, sagte die Staatsanwältin. In den Momenten, in denen sie aus ihrer Bewusstlosigkeit aufgetaucht sei, habe sie gesehen, wie Cosby «ihren Körper benutzte, um sich sexuell zu befriedigen».

Cosby, der eigener Aussage zufolge inzwischen blind ist, sass zwischen seinen Verteidigern und hörte aufmerksam zu. Sein Anwalt Brian McMonagle beschrieb Cosby als beliebten Comedian, der mit seinen Gags viele Menschen zum Lachen gebracht habe. Die klagende Andrea Constand habe bei der Polizei, der sie die Vorfälle erst ein Jahr nach den mutmasslichen Übergriffen schilderte, zudem widersprüchliche Angaben gemacht.

Über 50 Mal angerufen

So habe sie Ermittlern etwa gesagt, ihn nach jener Nacht im Januar 2004 nicht mehr kontaktiert zu haben, ihn tatsächlich aber mehr als 50 Mal angerufen. Teils hätten die beiden dann 30 oder 40 Minuten miteinander gesprochen.

Mangels materieller Beweismittel des 13 Jahre alten Vorfalls dürften vor allem Constands Aussagen und ihre Befragung durch Cosbys Verteidiger ein Höhepunkt des Verfahrens bilden. Auch Constands Mutter sowie eine Frau, die von Cosby in einem ähnlich gelagerten Fall sexuell genötigt worden sein soll, werden als Zeugen erwartet.

Zudem sind Cosbys Aussagen von 2005 und 2006 aus einem Zivilverfahren als Beweismittel zugelassen, nach dem er und Constand sich aussergerichtlich geeinigt hatten.

Vor zwei Jahren wurde der Fall dann aber von der Staatsanwaltschaft neu eröffnet – dies war zu einer Zeit, als aus den Medien eine Flut von Missbrauchswürfen über den TV-Komiker niederging.

Betäubt und willenlos ausgeliefert

Die Geschichten dieser Frauen ähneln sich oft auf eklatante Weise: Cosby habe sie mit Beruhigungsmitteln und Alkohol betäubt, so dass sie ihm willenlos ausgeliefert gewesen seien.

Richter Steven O’Neill hatte die Jury vor Beginn der Verhandlung eine Stunde lang belehrt und dabei verdeutlicht, dass Cosby als unschuldig gelte, bis das Gegenteil bewiesen sei.

Nur wenige Grössen der US-Entertainmentbranche sind im öffentlichen Ansehen derart tief abgestürzt wie Bill Cosby. Jahrzehntelang wurde der Afroamerikaner als «Amerikas Dad» verehrt. In der Rolle als liebenswürdiger Arzt und gutmütiger Familienvater in seiner «Cosby Show» war er einer der beliebtesten TV-Stars des Landes. Inzwischen haben sich auch die meisten Kollegen aus dem Show-Business von ihm abgewandt.

Nächster Artikel