Harte Vorwürfe gegen die russische Justiz: Im umstrittenen Gerichtsverfahren gegen die Skandalband Pussy Riot haben sich die drei angeklagten Frauen am zweiten Prozesstag über „Folter“ in der Haft beschwert.
„Ich kann nicht am Prozess teilnehmen. Wir haben nicht geschlafen und kein Essen bekommen – das ist Folter“, sagte Maria Aljochina am Dienstag nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau. Die Verhandlung sollte nach einer Ruhepause fortgesetzt werden.
Wegen ihres Punk-Gebets gegen Kremlchef Wladimir Putin in der Moskauer Erlöserkathedrale am 21. Februar drohen den jungen Künstlerinnen sieben Jahre Haft. Die Anklage wirft ihnen Rowdytum aus religiösem Hass vor.
Sie hätten mit ihrem „vulgären“ Tanz im Altarraum die Gefühle der Gläubigen beleidigen wollen. Die Verteidigung spricht hingegen von einem politischen Schauprozess, in dem die einflussreiche russisch-orthodoxe Kirche als Mittel zum Zweck genutzt werde.
Pause eingeräumt
Aus einem ärztlichen Gutachten gehe hervor, dass die Frauen verhandlungsfähig seien, sagte Richterin Marina Syrowa. Sie kündigte aber eine Essens- und Ruhepause an.
Während des etwa zehnstündigen Prozessauftakts am Vortag durften die Frauen nach eigener Aussage weder essen noch trinken oder zur Toilette gehen. Russische Menschenrechtler kritisierten die Zustände in den Untersuchungsgefängnissen des Landes als unwürdig.
Einer der neun Nebenkläger nahm unterdessen eine Entschuldigung der Frauen an. Der Messdiener bat das Gericht um eine gerechte Entscheidung. Ein zweiter Kirchenangestellter wies die Entschuldigung allerdings als „oberflächlich“ und „blasphemisch“ zurück.
Ultraorthodoxe Gläubige forderten, die Künstlerinnen aus Russland auszuweisen. Die Aktivistinnen, von denen zwei kleine Kinder haben, sitzen seit fünf Monaten in Untersuchungshaft.