Mit einer totalen Blockade versuchte die deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg, die russische Millionenstadt Leningrad auszuhungern. Präsident Putin erinnert am 70. Jahrestag an das Ende dieses Kriegsverbrechens.
Mit Kranzniederlegungen und einer Parade historischer Militärfahrzeuge hat St. Petersburg der Opfer gedacht, die während der Blockade im Zweiten Weltkrieg ums Leben gekommen sind.
«Es ist unsere Pflicht, an die damaligen Bewohner und ihren Sieg über den Faschismus zu erinnern», sagte der russische Präsident Wladimir Putin am Montag auf dem Gedenkfriedhof Piskarjowskoje. Er empfinde «grosse Dankbarkeit» gegenüber den Verteidigern von Leningrad, wie die Stadt damals hiess.
Vor 70 Jahren, am 27. Januar 1944, vertrieben Sowjettruppen die letzten deutschen Soldaten aus der Stellung um die Stadt. Bei der rund 900 Tage langen Blockade, die als schweres Kriegsverbrechen gilt, starb über eine Million Menschen.
Gauck: «Tiefe Trauer und Scham»
Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck betonte in einem Schreiben an Putin, er denke «mit tiefer Trauer und mit Scham an den Vernichtungskrieg Nazi-Deutschlands gegen die Sowjetunion». Deutschland sei sich seiner geschichtlichen Verantwortung für das Leid bewusst, das den Leningradern angetan worden sei.
Der Zweite Weltkrieg habe tiefe Wunden im Verhältnis zwischen Deutschland und Russland hinterlassen. Jeder Schritt der deutsch-russischen Versöhnung sei besonders hoch einzuschätzen, betonte Gauck in einem in Berlin veröffentlichten Brief.
Gauck verwies darauf, dass der deutsche Bundestag in diesem Jahr seine Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar auch der Erinnerung an die Toten und Traumatisierten der Belagerung von Leningrad widmet.
Der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus wird jährlich am 27. Januar begangen, dem Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee im Jahr 1945. Die zweieinhalb Jahre dauernde Blockade Leningrads endete ein Jahr zuvor.
Noch mehr als 100’000 Überlebende
An einem Massengrab auf dem Gedenkfriedhof legte Putin Blumen für seinen Bruder Viktor nieder. Dieser war 1940 geboren und 1942 im belagerten Leningrad gestorben. Putin kam erst 1952 in der Stadt am Finnischen Meerbusen zur Welt.
In Piskarjowskoje sind etwa eine halbe Million Tote beerdigt. Deutschland war bei der Gedenkfeier mit Diplomaten des örtlichen Generalkonsulats vertreten.
Im Stadtzentrum rollten bei leichtem Schneefall und minus 12 Grad Celsius auch sowjetische T34-Panzer an einer Ehrentribüne mit Veteranen vorbei, wie das Staatsfernsehen berichtete. In der zweitgrössten Stadt Russlands leben den Behörden zufolge noch mehr als 100’000 «Blokadniki», wie die Opfer sich selbst nennen.
Truppen der Wehrmacht hatten knapp drei Monate nach dem Überfall auf die Sowjetunion gemeinsam mit finnischen Einheiten am 8. September 1941 Leningrad eingeschlossen. Die Stadt konnte nur über die Luft und im Winter über das Eis des Ladoga-Sees versorgt werden.