Nach einer friedlichen Demonstration an der „Stuttgart-21“-Baustelle haben fast 2000 Polizisten den Platz geräumt für weitere Bauarbeiten. An den Protesten hatten mehrere hundert Gegner des Milliarden-Bahnhofprojekts teilgenommen.
Rund 600 Demonstranten hatten sich nach Polizeiangaben gegen 1 Uhr vor dem Südflügel versammelt, die Initiative „Parkschützer“ sprach von knapp 1000 Teilnehmern. Mit Trompeten spielten einige die deutsche Nationalhymne. Andere riefen: „Kretschmann weg!“.
Vom Ministerpräsident Winfried Kretschmann von den Grünen hatten sich die S-21-Gegner auch nach der Ende November verlorenen Volksabstimmung mehr Engagement gegen das Milliardenprojekt erwartet.
Gegen 7.30 Uhr waren die Sitzblockaden weitgehend beendet. Zwei Demonstrantinnen hatten sich mit Fahrradschlössern an ein Fenstergitter des Südflügels gekettet. Die Polizei begann damit, die beiden Frauen mit Flexgeräten freizuschneiden.
Stuttgarts Polizeipräsident Thomas Züfle zeigte sich zufrieden mit dem Einsatz. Die Bahn und die „Parkschützer“ äusserten sich ähnlich. Die Polizei sperrte das Gelände anschliessend mit Gittern ab. Zwei Projektgegner wurden wegen Besitzes von Pfefferspray und einer Beleidigung festgenommen.
Eskalation vermeiden
Die Polizei hatte sich sehr bemüht, eine Eskalation wie bei den Baumfällarbeiten am 30. September 2010 zu vermeiden. Damals hatte sie Wasserwerfer und Pfefferspray eingesetzt; mehr als 100 Menschen wurden verletzt. Seitdem ist von einem „Schwarzen Donnerstag“ die Rede.
Die neue grün-rote Landesregierung wollte Bilder von blutenden und weinenden Demonstranten wie unter der damaligen schwarz-gelben Koalition unbedingt vermeiden.
In den kommenden Tagen und Wochen soll der Südflügel zunächst von innen entkernt und dann abgerissen werden. Der Nordflügel war bereits im August 2010 abgetragen worden.
Die Projektgegner kritisierten, der Abriss des Südflügels sei für den Ablauf des S-21-Weiterbaus derzeit nicht nötig. Das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 forderte die sofortige Aussetzung der Bauarbeiten am Südflügel.
Ziel des milliardenschweren Bauvorhabens „Stuttgart 21“ ist es, den oberirdischen Kopfbahnhof durch einen unterirdischen Durchgangsbahnhof zu ersetzen.
Protest gegen Fällen von Bäumen
Eine weitere Protestaktion gegen das Grossprojekt läuft weiter. Im Schlossgarten demonstrieren Menschen gegen das Fällen von 176 Bäumen für das Bahnprojekt.
Die Genehmigung für das Fällen der Bäume fehlt bisher. Wann diese vom Eisenbahn-Bundesamt erteilt wird, ist unklar. Solange diese nicht vorliegt, sind dort Bauarbeiten verboten. Die Polizei hatte es deshalb abgelehnt, das Protestcamp zu räumen, wenn nicht unmittelbar danach dort gebaut wird.