Am vierten Spieltag erlebt das Wimbledon-Turnier die grösste Sensation seit Jahren: Rafael Nadal scheitert mit 7:6 (11:9), 4:6, 4:6, 6:2, 4:6 am Tschechen Lukas Rosol, der Nummer 100 der Welt.
Bis am Donnerstag war der Luxemburger Gilles Muller als Nummer 69 der Weltrangliste der am schwächsten klassierte Spieler, der Nadal an einem Grand-Slam-Turnier schlagen konnte (Wimbledon 2005). Letztmals gegen einen ähnlich schwach klassierten Akteur verlor Rafael Nadal vor fünf Jahren im Queen’s Club gegen Nicolas Mahut, damals die Nummer 106 der Welt. Und noch ein Fakt, der zeigt, wie unerwartet Nadals Ausscheiden kam: Lukas Rosol, mit 26 gleich jung wie Nadal, gewann auf der Tour in seiner gesamten Karriere 23 Einzel weniger als der Weltranglistenzweite alleine in diesem Jahr.
Die letzten vergleichbaren Sensationen in Wimbledon ereigneten sich sich vor neun und zehn Jahren: 2003 verlor Lleyton Hewitt als Titelhalter in der 1. Runde gegen den damals noch wenig bekannten Ivo Karlovic, ein Jahr später besiegte George Bastl den siebenmaligen Champion Pete Sampras.
Lukas Rosol verdiente sich den Sieg. Der Tscheche spielte mit Sicherheit die Partie seines Lebens. Schon im ersten Satz, den Nadal mit 11:9 im Tiebreak gewann, besass er zwei Satzbälle. Rosol drosch auf die Bälle, als ginge es um sein Leben. Dass ihm bei diesem horrenden Risiko nicht mehr Fehler unterliefen, grenzte an ein Wunder. Rosol profitierte allerdings auch von den Umständen. Die Luftfeuchtigkeit in Wimbledon war viel höher als normal, deshalb spielte sich der Rasen wie in den 80er-Jahren, als nur mit Angriffstennis ein Blumentopf zu gewinnen war. Die Bälle und Nadal rutschten in den ersten drei Sätzen immer wieder weg.
Nach dem vierten Satz verhalfen ausserdem die unklaren Regeln und der Turnier-Referee Andrew Jarrett Rosol zur Sensation. Just in dem Moment, als Nadal endlich sein Spiel gefunden hatte und mit vier Spielgewinnen hintereinander nach Sätzen ausgeglichen hatte, wurde entschieden, das Dach zu schliessen. Die Partie wurde für 45 Minuten unterbrochen. Auf dem zweiten Centre Court (ohne Dach) wurde noch fast eine halbe Stunde lang weitergespielt. Als es auf dem Centre Court unter geschlossenem Dach und Flutlicht weiterging, hatte sich Rosol wieder gefangen. Er nahm Nadal zum 1:0 den Aufschlag ab und servierte danach die Partie nach Hause. Nach drei Stunden und 18 Minuten verwertete er den ersten Matchball mit seinem 22. Aufschlag-Ass.
Unklar sind die Regeln in Wimbledon, weil vor zwei Tagen die Partie zwischen Caroline Wozniacki und Tamara Pascek auf dem Centre Court wegen Dunkelheit abgebrochen worden war. Da gab es keine Pause, keine Fortsetzung unter Flutlicht.