Nach seinem Freispruch in den USA äussert sich der ehemalige UBS-Banker Raoul Weil in einem grossen Interview mit der «NZZ am Sonntag». Er wirft der US-Justiz eine Zermürbungstaktik vor und vermutet politische Motive hinter der Anklage gegen ihn.
Hinter der Anklage gegen ihn hätten «politische Motive» gestanden, sagte Weil im Interview. Weil war am Monat in Florida nach einem dreiwöchigem Prozess freigesprochen worden. «Man wollte die UBS in die Knie zwingen und die Schweizer Regierung zur Aufgabe des Bankgeheimnisses zwingen, was ja auch gelungen ist.»
Sein Fall habe aber gezeigt, dass nicht deklarierte Konti im Prinzip «völlig legal» seien. «Wenn der Entscheid des Richters früher gefallen wäre, hätten sich vermutlich weniger Schweizer Banken in die Kategorie 2 des US-Programms zur Beilegung des Steuerstreits eingereiht». Manche Banken hätten dies schlicht aus Angst getan.
«Man wollte mich weichkochen»
Hart ins Gericht geht Weil mit der US-Staatsanwaltschaft, die ihn verhaften liess und angeklagt hat. «Man hat versucht, mich zu zermürben.» Indem ihm beispielsweise Millionen unsortierter Seiten zum Durchforsten geschickt worden seien, sei er zu einem zehnmonatigen Hausarrest «gezwungen» worden. Auch in seiner Zeit im Gefängnis sei er schikaniert worden. «Man wollte mich weichkochen.»
Er wirft den Staatsanwälten auch vor, den Aussagen der Zeugen – etwa Martin Liechti, dem ehemaligen Leiter des amerikanischen Offshore-Geschäfts – zu viel geglaubt zu haben. «Sie haben alles, was diese Herren zwischen April und Oktober 2008 erzählten, für bare Münze genommen.»
Zuversicht wegen Untersuchungen
Entscheidend für den Freispruch sei schliesslich gewesen, dass seine Anwälte den Geschworenen hätten zeigen können, «dass längst nicht alles illegal war, was die Staatsanwaltschaft als illegal verkaufte». Diese habe eine «emotionale» Kampagne geführt.
Warum er sich überhaupt einem Prozess stellte und keinen Vergleich anstrebte, begründet Weil damit, dass Untersuchungen der UBS und der Bankenkommission ihm eine weisse Weste bescheinigt hätten: «Ich hatte die Sicherheit, dass ich mir nichts vorzuwerfen hatte und es somit auch nicht so leicht sein würde, mich zu kriminalisieren.»
Kritik an Schweizer Justiz
Scharfe Kritik übte Weil erneut daran, dass die Zeugen der Anklage für ihre Deals mit der US-Justiz trotz Schweizer Bankgeheimnis Angaben über UBS-Kunden machten, dafür aber von der Schweizer Justiz offenbar nicht belangt werden. «Ich finde es störend, dass einige Schweizer Banker solche Deals eingegangen sind, nur weil sie davon ausgehen konnten, in der Schweiz straffrei zu bleiben», sagte Weil.
Nun wolle er «zuallererst einmal ausruhen», sagte Weil zu seiner Zukunft. Es sei eine ermüdende und belastende Zeit gewesen. «Ich will mich noch nicht festlegen, was in ein paar Monaten passiert.»
Anwalt Menchel: «Ich wurde einfach wütend»
Raoul Weils Anwalt Matthew Menchel würde derweil auch andere Schweizer Banker vor Gericht verteidigen. Ob es noch andere Verfahren geben wird, ist aber unklar. «Ich kann das künftige Vorgehen des US-Ministeriums oder der US-Steuerbehörden nicht kommentieren. Ich hoffe, dass sie in Zukunft eingehend prüfen, welche Fälle sie angehen werden», sagt Menchel im Interview mit der «SonntagsZeitung».
Matthew Menchel, Anwalt der Kanzlei Kobre & Kim, hat unter anderem das Kreuzverhör gegen die Zeugen geführt, die Weil belasteten. Sein aggressives Vorgehen sei aber nicht Teil der Strategie gewesen, sagt er. «Ich wurde einfach wütend, als ich den Eindruck hatte, dass die Zeugen nicht wahrheitsgemäss antworteten. In einem solchen Fall musste ich den Geschworenen zeigen, dass die diese Zeugen keinen Glauben schenken dürfen.»
Er freue sich für Raoul Weil. «Wir haben immer an Herrn Weils Unschuld geglaubt und sind dankbar, dass die Jury zum selben Schluss gekommen ist.»