Nach drei enttäuschenden Jahren greift der EV Zug gegen Bern nach seinem zweiten Meistertitel. Die Basis zum Aufschwung legten die Zentralschweizer mit dem Zuzug von Abwehrstratege Raphael Diaz.
Raphael Diaz strahlt über das ganze Gesicht, als er am Samstagabend kurz vor Mitternacht in den Katakomben der Davoser Eisarena steht. Die Szenerie hat nichts mit dem Glamour der NHL gemein. Doch Diaz ist sichtlich zufrieden. Von seinen Bartstoppeln tropft der Schweiss. Kein Wunder: Der Verteidiger des EV Zug, der nach fünf Jahren in Nordamerika zu seinem Stammklub zurückkehrte, ist der Schwerarbeiter im Team.
Nach drei enttäuschenden Saisons, in denen einmal die Playoffs verpasst wurden und zweimal das Aus frühestmöglich in den Viertelfinals kam, steht Zug erstmals nach dem Titelgewinn 1998 wieder im Final. Die Rückkehr von Diaz war das entscheidende Puzzleteil, auch wenn das der Zuger mit spanischem Vater nicht so sieht. «Es ist nicht eine Person, die den Unterschied macht», betont der WM-Silbermedaillengewinner von 2013. «Wir sind ausgeglichen, das ist wichtig. Auch die dritte und vierte Linie spielt gut und ist gefährlich.»
Trotzdem steht Diaz wie kein anderer für diese erfolgreiche Zuger Mannschaft, die gegen ein überhartes Servette und ein dynamisches Davos nur zwei Spiele verlor. Er ist der Spielmacher mit klugen Pässen, Übersicht und einer ausgeprägten Ruhe, auch wenn es um ihn herum hektisch wird. An seiner Seite hat sogar der bisher als notorischer Prügler berüchtigte Johan Morant Disziplin gelernt.
Im Powerplay besonders wertvoll
Zwar weist Diaz zurecht darauf hin, dass die drei Verteidigerpaare konsequent durchwechselten, dennoch kommt er auf durchschnittlich annähernd 25 Minuten Eiszeit. Grund dafür sind die vielen Einsätze der «Special Teams» aufgrund der zahlreichen Strafen. Gerade im Powerplay ist Diaz an der blauen Linie Gold wert. Mit vier Toren und neun Assists ist der 31-Jährige der zweitbeste Skorer des diesjährigen Playoffs – hinter Teamkollege David McIntyre. Gegen Davos stand er einmal in einer 5-gegen-3-Überzahlsituation die vollen zwei Minuten auf dem Eis.
Müdigkeit spürt der im Zuger Vorort Baar geborene Diaz dennoch keine. Über 200 Partien – darunter 13 in den Playoffs – für die Montreal Canadiens, die Calgary Flames, die New York Rangers und die Vancouver Canucks im Stahlbad NHL haben ihn abgehärtet.
«Es ist schön, dass wir uns nochmals ein paar Tage erholen und die Batterien aufladen können», freut er sich trotzdem. Denn er weiss, dass der Final ein mindestens so hartes Stück Arbeit wird wie der Halbfinal gegen die junge Sturm-und Drang-Truppe von Davos. Und er glaubt an die Chance auf den zweiten Meistertitel: «Wir spielen kompakt und müssen uns in unserer Zone gegenseitig helfen und das Haus sauber halten.» Ein Dorn im Auge sind ihm einzig die vielen Strafen. «Da müssen wir noch etwas schlauer werden.»
Vorfreude auf «geilen» Final
Schlau war auch Diaz‘ Rückkehr in die Schweiz. Die letzte Saison in Nordamerika verlief äusserst unbefriedigend. Er kam zu keinem Einsatz mehr für die New York Rangers und musste sich in der AHL abmühen, zunächst noch handicapiert durch Rückenbeschwerden. Nun ist er der Königstransfer, der aus Zug einen Meisterkandidaten gemacht hat. «Letztes Jahr waren wir nicht playoff-tauglich», stellte Trainer Harold Kreis fest. «Am Ende gewinnen immer die physisch grösseren Mannschaften.»
Für die Physis holte Zug den Kanadier David McIntyre (11 Tore, 6 Assists in den Playoffs) und den Schweden Carl Klingberg (4/4), der die gegnerischen Verteidiger mit seiner Präsenz vor dem Tor regelrecht tyrannisiert. Dank Diaz konnte es auf einen ausländischen Verteidiger verzichten. Alle drei Zuzüge schlugen gerade in den Playoffs voll ein. Und so kann sich Diaz auf die Serie gegen Titelverteidiger und Qualifikationssieger Bern freuen: «So ein Final ist das Geilste für einen Sportler!» Auch wenn er wieder ins Schwitzen kommen wird.