Noch nie haben Menschen einen detaillierten Blick auf die Oberfläche des Zwergplaneten Pluto werfen können. Dank der NASA-Sonde «New Horizons» wird sich das nun ändern: Am Dienstag nächster Woche soll sie sich Pluto bis auf 12’500 Kilometer nähern.
Mit 49’600 Kilometern pro Stunde rast die Sonde derzeit auf den rätselhaften Himmelskörper am Rand des Sonnensystems zu, der nach dem römischen Gott der Unterwelt benannt ist. Schon jetzt geben Bilder der Sonde den Forschern Rätsel auf.
Denn die Kamera von «New Horizons» nahm entlang des Pluto-Äquators eine Reihe mysteriöser dunkler Flecken auf, alle mit einem Durchmesser von rund 480 Kilometern und gleichmässig in der Region verteilt. Solche Flecken haben Astronomen noch nie beobachtet.
«Das ist wirklich ein Rätsel», sagt Alan Stern vom Southwest Research Institute in Boulder im US-Bundesstaat Colorado. Die Wissenschaftler könnten kaum erwarten, dieses Rätsel zu lösen.
9,5 Jahre durch das All
Helfen wird ihnen dabei «New Horizons»: Die Sonde ist nach einer neueinhalbjährigen Reise durch das All jetzt nur noch wenige Millionen Kilometer von Pluto entfernt. Nächste Woche wird sie dem fernen Himmelskörper so nahe kommen wie noch nie ein irdisches Raumfahrzeug.
Der Anflug der Sonde auf Pluto mit seinem grossen Mond Charon und vier weiteren kleinen Satelliten gilt als nicht ungefährlich: Im Vorfeld suchten die Wissenschaftler intensiv nach möglichen Staubwolken im kaum erforschten Pluto-System, die der pfeilschnellen Sonde zum Verhängnis werden könnten. Denn bei deren Tempo könnte bereits ein Zusammenstoss mit einem Staubkorn katastrophale Schäden an «New Horizons» anrichten.
Die NASA-Sonde soll unter anderem die Oberflächenformen auf Pluto kartieren. Ausserdem wird das 465-Kilo-Raumfahrzeug von der Grösse eines Konzertflügels die Atmosphären des Zwergplaneten und seines Mondes Charon untersuchen – und herauszufinden versuchen, ob es im Inneren der beiden Himmelskörper womöglich Ozeane gibt.
Zwergplanet
Pluto ist etwa um ein Drittel kleiner als unser Mond. Der im Jahr 1930 von dem US-Astronomen Clyde Tombaugh entdeckte Himmelskörper war jahrzehntelang als kleinster und sonnenfernster der ursprünglich neun Planeten unseres Sonnensystems eingestuft worden. 2006 wurde Pluto jedoch der Planetenstatus im Zuge einer Neu-Definition aberkannt. Seither gehört er der damals neu geschaffenen Klasse der Zwergplaneten an.
Neben Charon – benannt nach dem Fährmann aus der griechischen Mythologie, der die Verstorbenen über den Totenfluss Styx geleitete – hat Pluto mindestens vier weitere Monde. Sie tragen die Namen Nix, Hydra, Styx und Kerberos.
Zwischen Pluto und Charon zeigen die aktuellen Bilder von «New Horizons» einen deutlichen Farbunterschied: Im Gegensatz zu Pluto ist Charon «dunkel und grau», wie Stern erläutert. Auch auf die unterschiedliche Färbung beider Himmelskörper können sich die Forscher noch keinen Reim machen.
Den Kuiper-Gürtel erforschen
Seine Bahn um die Sonne zieht Pluto im sogenannten Kuiper-Gürtel. Diese Region birgt Überbleibsel aus der Entstehungszeit unseres Sonnensystems vor mehr als viereinhalb Milliarden Jahren – dort gibt es Kometen und die Bausteine für kleine Planeten. Nach dem Pluto-System soll «New Horizons» mit ihren sieben wissenschaftlichen Instrumenten noch weitere Objekte im eisigen Kuiper-Gürtel erforschen.
Alan Stern ist bereits jetzt sicher: Die Erforschung des Pluto werde «beispiellose wissenschaftliche Folgen» haben, sagt der wissenschaftliche Leiter der Mission voraus – Erfolge, die am ehesten vergleichbar seien mit denjenigen der legendären «Voyager»-Raumschiffe in den 1980er Jahren.