Ein obligatorisches Pfand auf Getränkeflaschen soll das jetzige Recyclingsystem in der Schweiz ablösen. Diese Forderung von nationalen Parlamentariern stösst bei den Recycling-Organisationen auf grossen Widerstand.
«Der hohe Recyclingkomfort in der Schweiz ist bedroht», teilten Swiss Recycling, PET-Recycling Schweiz und IGORA am Mittwoch gemeinsam mit. In Gefahr seien auch 59’000 von heute rund 65’000 Sammelstellen für Glas, Aluminium und PET.
Beim Pfandsystem wäre nur noch der Handel für die Rücknahme zuständig. Die Sammlung in 3000 Schulen, 2000 Sportanlagen und Unterhaltungsbetrieben, 1500 Spitälern und Heimen, 14’000 Büros und anderen Arbeitsplätzen oder an über 1000 Orten in den Bergen würde entfallen. Dies hätte gemäss den Interessenvertretern gravierende Konsequenzen für den Handel, die Konsumenten und die Gemeinden.
Zudem drohten auch die Sammelstellen für Glas und Alu zu verschwinden, weil es sich nicht mehr lohnen würde, diese kleinen Mengen zu entsorgen.
«Die massive Reduktion der Sammelstellen bringt die heute hohen Recyclingquoten in Gefahr», hielten die Organisationen weiter fest. Zudem sei der «Angriff auf das Schweizer Recyclingsystem» auch finanziell fragwürdig. Gemäss ihren Angaben kostet das Pfandsystem viermal mehr als die heutige Lösung.
Warum etwas ändern?
Die Recyclingorganisationen belegen ihre Bedenken mit einer neuen Analyse und präsentierten vor den Medien in Bern eine Umfrage, die besagt, dass Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten ein Pfand ablehnen und am jetzigen Recyclingsystem festhalten wollen.
Es gebe keinen Grund, am «gut funktionierenden System» etwas zu ändern, hielten die Recycling-Organisationen fest. 92 Prozent der Getränkeverpackungen konnten 2011 dem Recycling zugeführt werden. Einzig beim PET liegt die Quote mit 81 Prozent deutlich darunter. Nur die wenigsten anderen Ländern erreichten insgesamt derart hohe Recyclingquoten. «Auch nicht jene Länder mit einem Pfand.»
Das Pfand sei nur eine vermeintliche Lösung gegen das Littering. «Von allen unsachgemäss weggeworfenen Abfällen machen Getränkeverpackungen gerade mal 13 Prozent aus.» Eine grosse Mehrheit der herumliegenden Abfälle wie Take-away-Verpackungen, Zigarettenstummel, Scherben oder Kaugummis wären von einer Pfandregelung nicht betroffen.
Auch das Argument, eine Pfandregelung fördere den Mehrweggebrauch, kann laut den Organisationen widerlegt werden. Das Beispiel Deutschland zeige, dass seit der Pfandeinführung der Mehrweganteil um rund 30 Prozent gesunken sei. Gleichzeitig habe die PET-Einweg-Getränkeflasche ihren Marktanteil bei alkoholfreien Getränken auf 72 Prozent verdreifacht.
Politische Vorstösse hängig
Über die parlamentarische Initiative «Einführung eines Pflichtpfandes für Getränkedosen und Getränkeflaschen» von CVP-Nationalrat Alois Gmür (SZ) wird voraussichtlich der Nationalrat nächste Woche in der Sondersession entscheiden. Die UREK-N, die Kommission des Nationalrats für Umweltthemen, lehnte sie mit 16:8 Stimmen ab.
Weiter ist eine Motion von SP-Nationalrätin Silvia Semadeni (GR) hängig. Darin fordert sie, dass auch bei PET-Getränkeflaschen eine Rücklaufquote von 90 Prozent erreicht wird, wie es Glas und Aluminium bereits erreichen.
Darüber hinaus will der Bund Detailhändler verpflichten, Plastikabfälle wie leere Shampooflaschen oder Verpackungsfolien zu rezyklieren. Das Bundesamt für Umwelt hat den Auftrag erhalten, eine Gesetzesänderung vorzubereiten.