Am Lago Maggiore sorgt eine Regenpause von 48 Stunden für eine vorübergehende Entspannung der Hochwasserlage. Doch bereits ab Samstag könne es laut MeteoSchweiz bereits wieder sehr stark regnen. Das Risiko von Erdrutschen bleibt bestehen.
Den Rekordpegel aus dem Jahr 2000 wird der Lago Maggiore laut Tessiner Gewässeramt in den kommenden Tagen jedoch nicht erreichen. Dieser lag gemäss dem Geologischen Institut der Tessiner Fachhochschule SUPSI bei 197,58 Metern.
Pegel des Lago Maggiore gesunken
Am Donnerstagabend stieg der Pegel des Lago Maggiore in Locarno auf 196,37 Meter – er sank damit gegenüber dem Morgen um drei Zentimeter. Allein diese Pegelstände reichten aber schon aus, um Wohngebiete von rund 600 Menschen zu überschwemmen, sagte der Leiter des Zivilschutz Locarno, Raffaele Dadò am Donnerstag der Nachrichtenagentur sda.
Damit das Wasser die Piazza Grande in Locarno erreicht, müsste der Seepegel auf mehr als 197 Meter steigen, wie ein Sprecher des Zivilschutzes Locarno auf Anfrage sagte. Die Piazza Grande, der Mittelpunkt des Filmfestivals der Stadt, wurde zuletzt im Rekordjahr 2000 überschwemmt. Im Jahresdurchschnitt liegt der Wasserstand des Langensees bei 193,5 Metern.
Das Centovalli als Regental
MeteoSchweiz ging davon aus, dass die aktuelle Regenpause nur bis Samstag andauert. Dann könnten erneut in weiten Teilen des Tessins 60 bis 80 Millimeter Regen fallen, wie Ludwig Zgraggen, Meteorologe bei MeteoSchweiz, am Donnerstag ausführte. Für Sonntag und Montag werde dann eher trockenes Wetter erwartet.
Die aktuelle Tessiner Regenrangliste führt laut Zgraggen die Gemeinde Camedo im Centovalli-Tal an. Dort fiel in den vergangenen zwei Wochen bereits fast fünf Mal so viel Regen wie sonst im ganzen Monat: 900 Millimeter Regen registrierten die Meteorologen seit Anfang November – in den vergangenen Jahren waren es im Durchschnitt 214 Millimeter im ganzen Monat November.
Die bisherigen Rekordniederschlagswerte einzelner Tessiner Gemeinden für den Monat November stammen laut dem Wetterdienst MeteoNews alle aus dem Jahr 2002.
Helfende Technik
Meteorologische Daten aus den MeteoSchweiz-Rechnern stehen auch den Fluthelfern des Zivilschutz in Locarno zur Verfügung. Sie nutzen ein Programm der Tessiner Fachhochschule SUPSI, das Wetterdaten und Niederschlagsmengen direkt auf einem Stadtplan Locarnos visualisiert.
«So wussten wir schon am Montagabend mit sehr grosser Sicherheit, welche Zonen wir in den kommenden Tagen evakuieren beziehungsweise schützen müssen», sagte Dadò, Zivilschutzleiter in Locarno. In einer solchen Risikozone liegt auch das ufernahe Spital Santa Chiara, das am Dienstag evakuiert worden war.
Verkehr noch mit Beeinträchtigungen
Der Erdrutsch auf der Bahnstrecke Brig VS – Mailand ist laut SBB mittlerweile beseitigt worden. Seit Donnerstag verkehren die Züge auf der Strecke wieder regulär. Allerdings müsse noch mit Folgesverspätungen gerechnet werden, teilte die SBB mit.
Der Postautobetrieb zwischen Lamone-Cadempino TI und Arosio musste dagegen eingestellt werden. Grund ist laut SBB-Informationen ein Erdrutsch. Arosio liegt im Malcantone und nur zehn Kilometer von Curio entfernt, wo in der vergangenen Woche eine Mutter und ihr Kind in ihrem Haus durch einen Erdrutsch ums Leben kamen.
Todesopfer in Italien
In Italien stieg die Zahl der Unwettertoten unterdessen auf fünf an. Feuerwehrleute fanden am Donnerstag in Moscazzano südöstlich von Mailand die Leiche eines 36-jährigen Gemeindeangestellten. Er hatte versucht, ein Restaurant vor Überschwemmung zu schützen.
Im Hafen von Ispra am Lago Maggiore ertrank ein etwa 70-jähriger Mann, der beim Festmachen seines Bootes ins Wasser gefallen war. Zuvor waren im norditalienischen Ligurien bereits zwei ältere Frauen und bei Turin ein älterer Mann ums Leben gekommen.
Italien hat seit einem Monat immer wieder mit schlechtem Wetter zu kämpfen. Betroffen war ausser Ligurien besonders die Region Piemont. Bei Überschwemmungen, Hochwasser und Erdrutschen starben in den zurückliegenden Wochen bereits ein Mann in Genua, eine Frau in Triest und zwei weitere Frauen in Grosseto.
In der vergangenen Woche blieben in mehreren Grossstädten, darunter auch in Rom, die Schulen geschlossen. Siziliens Südküste wurde von einem Orkantief getroffen, das aber nur Sachschäden verursachte. Landesweit belaufen sich die Sachschäden auf mehrere Dutzend Millionen Euro.