Die bulgarische Regierung hat Neuwahlen trotz der seit einem Monat währenden Dauerproteste abgelehnt. «In der jetzigen Lage sind vorzeitige Parlamentswahlen nicht die beste Variante», sagte Innenminister Zwetlin Jowtschew am Freitag.
Er wies darauf hin, dass es auch im Fall von Neuwahlen ein ähnliches Kräfteverhältnis wie derzeit im Parlament geben könne. Das EU-Land wird von einer Regierung aus Sozialisten und der Türkenpartei DPS regiert. Diese wird indirekt von der nationalistischen Ataka unterstützt.
Die Proteste gegen die Regierung dauerten auch am Freitag an. Demonstranten hatten in der Nacht erstmals versucht, die Sicherheitszäune vor dem Parlament in Sofia zu überwinden. Mehrere Dutzend Menschen verbrachten die Nacht vor dem Gebäude. Sie errichteten ein Zeltlager, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Die Polizei weitete die ohnehin grosse Sicherheitszone aus.
Die Protestbewegung wirft der Regierung vor, sie hänge alten Machtstrukturen nach und lasse sich von den Interessen der besonders Vermögenden leiten. Die Demonstranten bekräftigten am Freitag, bis zum Rücktritt der Regierung weiter auf die Strasse zu gehen und für Neuwahlen zu kämpfen.
Regierungschef Plamen Orescharski zog am Freitag Bilanz seiner ersten sechs Wochen im Amt. Er betonte, dass die Regierung ein Paket mit dringenden Sozialmassnahmen bereits durchgesetzt habe. Orescharski, ein Finanzexperte, kündigte an, er wolle die Ausgaben im laufenden Staatsetat aufstocken.
Die Bulgaren hatten nach dem Rücktritt des ehemaligen konservativen Kabinetts unter Boiko Borissow erst vor zwei Monaten vorzeitig ein neues Parlament gewählt.