Die Reform der Altersvorsorge gehört zu jenen Dossiers, die stark von den neuen Mehrheiten im Nationalrat geprägt werden dürften. Die Vorlage muss sogar als absturzgefährdet gelten. Doch nun gibt es Anzeichen, dass sich die verhärteten Fronten aufweichen.
Die Signale kommen von der FDP: Manchmal sei etwas Pragmatismus nötig, um eine politische Mehrheit zu bekommen, sagte der Waadtländer FDP-Nationalrat Olivier Feller der Nachrichtenagentur sda. Feller sitzt in der nationalrätlichen Finanzkommission, die sich vergangene Woche mit der Reform der Altersvorsorge befasst hat.
In diese hat der Ständerat eine Erhöhung der AHV-Renten eingebaut. Das Zückerchen soll dem Volk das höhere Frauenrentenalter und die tieferen Pensionskassenrenten versüssen. Finanziert würde der Zuschlag mit höheren Abgaben auf dem Lohn. Für die FDP war das bisher undenkbar. Im Ständerat hat sie die Erhöhung der AHV-Renten zusammen mit der SVP bekämpft, wurde aber von SP und CVP überstimmt.
Möglicher Verhandlungsspielraum
Im Nationalrat gibt es seit Sonntag neue Mehrheiten. Das Konzept des Ständerats und damit die ganze Reform der Altersvorsorge sind akut gefährdet. Umso bemerkenswerter sind die Signale, die die FDP in der Finanzkommission ausgesendet hat: Sie stimmte einem Mitbericht zu, der das Gelingen der Reform ins Zentrum stellt.
Diese dürfe den Bundeshaushalt aber nicht zusätzlich belasten. Zudem sollen die höheren AHV-Renten eher über die Mehrwertsteuer als über Lohnprozente finanziert werden. Die Finanzkommission hat es aber der federführenden Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) überlassen, die Details auszuarbeiten.
Die Haltung der FDP indes ist klar. «Wenn man eine zusätzliche Leistung will – und da sind wir schon skeptisch – müssen die Einnahmen von der Mehrwertsteuer kommen», sagte Feller. In der heutigen wirtschaftlichen Situation dürfe man Arbeit nicht zusätzlich verteuern.
Damit sagte Feller auch, dass ein Zuschlag auf den AHV-Renten unter gewissen Bedingungen denkbar ist. Die in der Vorlage ebenfalls enthaltene Senkung des Umwandlungssatzes sei wichtig. «Vielleicht ist dafür aus politischen Gründen, um eine Mehrheit zu bekommen, ein gewisser Ausgleich nötig».
Gewerkschaftsbund gibt sich hart
Mit der Unterstützung der FDP hat die – nicht zuletzt von der Versicherungswirtschaft gewünschte – Reform eine Überlebenschance. Die Gegenseite zeigt sich allerdings noch nicht gesprächsbereit. «Wenn man beginnt, an einzelnen Elementen herumzuschrauben, fällt das Kartenhaus zusammen», warnt Doris Bianchi vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB).
Würden Rentenverbesserungen gestrichen, wachse der Referendumsdruck. Auch der neue Nationalrat mache Gesetze «mit dem Volk im Nacken», sagte Bianchi. Und Mehrwertsteuererhöhungen seien nicht beliebt. Der hier und da diskutierten Idee, nur AHV-Minimalrenten zu erhöhen, erteilt Bianchi ebenfalls eine Absage. Für die Mehrheit sei das keine Verbesserung, sagte sie.
Als nächstes ist die SGK des Nationalrats am Zug. Ins Plenum kommt die Vorlage nicht vor nächstem Frühling. Die Reform ist nötig, weil die AHV in die roten Zahlen zu rutschen droht. In der obligatorischen beruflichen Vorsorge haben die Versicherungen Mühe, die nötigen Renditen zu erwirtschaften.