Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi hat sich im neugewählten Europaparlament als dynamischer Reformer präsentiert. Er will, dass Europa die Herausforderungen einer beschleunigten Welt annimmt.
Der italienische Regierungschef forderte die Europäer in einem leidenschaftlichen Appell zu Dynamik und Reformbereitschaft auf. Europa habe ein Gesicht, das müde geworden sei, sagte Renzi in Strassburg.
Dies sei ihm unverständlich. Die Welt bewege sich rasch. Dies könnten die Europäer als Chance begreifen, «um zu verstehen, was die Zukunft von uns fordert». Die EU müsse die Herausforderungen der heutigen Welt annehmen, die «doppelt so schnell geworden ist als Europa», forderte der sozialdemokratische Regierungschef.
Angesichts der Flüchtlingsdramen im Mittelmeer verlangt Renzi eine engere Zusammenarbeit der EU-Staaten untereinander sowie der EU mit den Herkunftsländern. Italien sei das Mitgliedsland mit den meisten Küstenkilometern, das schaffe für das Land Probleme. Seit Jahresbeginn sind in Italien mehr als 62’000 Flüchtlinge aus Nordafrika angekommen.
Italien als Vorbild für Reformeifer
Renzi war nach Strassburg gekommen, um das Programm des halbjährigen EU-Ratsvorsitzes seines Landes vorzustellen. Italien, drittgrösste Volkswirtschaft der Euro-Zone, hatte am 1. Juli den Vorsitz turnusmässig von Griechenland übernommen.
Renzis Motto für die nächsten sechs Monate lautet: mehr Wachstum und weniger Sparzwang. Der EU-Stabilitäts- und Wachstumspakt soll flexibel gehandhabt werden.
Er versicherte den Abgeordneten, dass Italien mit gutem Beispiel vorangehen wolle: «Wir wissen, dass wir Mut brauchen, um etwas zu verändern. Wir werden Europa nicht auffordern das zu verändern, was wir nicht selbst schaffen.»
Konservative weiter für Sparprogramme
Der Fraktionsvorsitzende der Christdemokraten, der Deutsche Manfred Weber, reagierte skeptisch auf die Aussagen Renzis: «Nur weil sich die Euro-Krise etwas entschärft hat, hören wir plötzlich, dass wir flexibler werden sollen. Ich sage Ihnen, das ist der falsche Weg.»
Der einzige Weg aus der Krise sei eine nachhaltige Konsolidierung der Staatsbudget, sagte Weber, der Italien seinen Schuldenberg vorhielt.
Die Sozialdemokraten zeigten sich hingegen überzeugt. Ihr Fraktionsvorsitzender, der Italiener Gianni Pittella, sparte nicht an Vorschusslorbeeren für Renzi.
«Wir brauchen Führungspersönlichkeiten und keine Pappfiguren», sagte er zu Renzi gewandt. «Wir brauchen jemanden wie diesen Italiener, der uns ein Halbjahr des Wandels bescheren wird.»