Hells Angels und Black Jackets geistern durch die Medien- jetzt gibt’s auch noch ein passendes Spiel. Eine digitale Tragödie…
Im Moment liest man in allen Medien von Black Jackets, Mongols, Hell’s Angels und wie sie alle heissen. Im verklärten Weltbild vieler Menschen sind Biker-Gangs die letzten wahren Outlaws. Sie fahren auf ihren flotten Harley Davidson Motorrädern durch die Gegend und scheren sich einen Dreck um Regeln und Konventionen. Ihre eigene Ordnung steht über dem Gesetz und wer sich nicht daran hält, kriegt die Konsequenzen zu spüren.
In der realen Welt sind die Gangs etwas weniger der Cowboy-Romantik verpflichtet. Türsteher-, Drogen- und Prostitutionsringe werden ihnen nachgesagt und statt edler Mann gegen Mann Faustduelle gehen die Herrschaften auch einmal mit automatischen Waffen und Handgranaten aufeinander los.
Eine Mischung aus diesen beiden Elementen war es wohl auch, die dem Entwicklerteam von RIDE TO HELL: RETRIBUTION vorschwebte. Auf dem Papier klingt das Konzept denn auch höchst überzeugend: Coole Motorräder, heisse Ladies, gefährliche Aufgaben, harte Kämpfe. All dies in einer Open World, das bedeutet GTA und Red Dead Redemption in einem. Klingt prima!
Die Story ist rasch erzählt: Es ist 1969. Ein harter Biker-Bursche mit entsprechender Vergangenheit (Vietnam Veteran = harter Kämpfer, Vater Ganglegende= schweres Erbe, Familiensinn), bricht auf, den Mord an seinem Bruder zu rächen und legt dabei jeden um und jede flach, die sich ihm in den Weg stellt.
Auch die Screenshots und das gesamte grafische Design sind ziemlich gut gestaltet und machen Lust auf mehr. Doch dann legt man das Game in die Konsole und das Spielerlebnis wird innert Sekunden zum titelgebenden RIDE TO HELL…
Die Grafik als unterirdisch zu bezeichnen, wäre zu viel des Lobes: Sie bewegt sich nämlich auf dem Niveau eines wirklich schlecht programmierten PlayStation 2 Spiels. Die Texturen laden mit einer Verzögerung von mehreren Sekunden, die Framerate bricht schon bei wenigen sich bewegenden Objekten komplett ein und zu guter Letzt kann das Spiel auch bestens für eine Demonstration des gefürchteten Tearing-Effekts eingesetzt werden.
Die Musik ist an Langweile kaum mehr zu überbieten, einzig die halbwegs akzeptablen SprecherInnen verhindern den Spiele Super-GAU. Ebenfalls katastrophal ist die Steuerung: Ob in Faustkämpfen, Feuergefechten oder Motorradfahrten- es ist reiner Zufall wenn die eigene Spielfigur das macht, was man von ihr möchte.
In der Regel erspare ich der Welt Spielkritiken zu wirklich schlechten Spielen wie RIDE TO HELL: RETRIBUTION. In diesem Fall aber tut mir das Spiel wirklich leid. Ich hatte mich darauf gefreut, denn das Konzept ist reizvoll. Ältere SpielerInnen erinnern sich bestimmt an FULL THROTTLE aus dem Hause LucasArts. Damals war es der legendäre Gamedesigner Tim Schafer, der die Welt der Motorradgangs mit einer gesunden Prise Humor inszenierte.
Bei RIDE TO HELL: RETRIBUTION bleibt der Humor allerdings genauso wie die Qualität auf der Strecke. Hätten die Jungs von Rockstar Games das Spiel gemacht, es wäre vermutlich ein Kulthit geworden. So aber ist es ein trauriges Beispiel dafür, wie zwischen gutem Konzept und in den Regalen stehendem Spiel fast alles schief gehen kann.
Spieltrieb-Faktor: 2 von 10.
Randbemerkung: Das Spiel wurde ursprünglich 2008 angekündigt und 2009 eingestellt. Dann übernahm das britische Studio Eutechnyx 2010 das Ruder. Im April 2013 wurden dann plötzlich drei Spiele angekündigt: RIDE TO HELL: ROUTE 666 für PSN und XBLA, RIDE TO HELL: BEATDOWN für mobile Plattformen und eben RIDE TO HELL: RETRIBUTION für PS3, XBOX360 und PC.
Titel: Ride to Hell – Retribution
Plattform: XBOX360, PS3
Spieler: 1-
PEGI: Ab 16 Jahren
Preis: ca. 59 Franken
Das Cover.