Das Ringen um die Übernahme von Teilen des französischen Mischkonzerns Alstom ist inzwischen ein weltweiter Bieterstreit. Dabei sind viele Einzelheiten nach wie vor unklar und werden offiziell nicht bestätigt.
Der Siemens-Aufsichtsrat wird dem Vernehmen nach am Sonntag entscheiden, ob gemeinsam mit dem japanischen Konkurrenten Mitsubishi Heavy Industries (MHI) ein Angebot für Teile von Alstom abgegeben wird. Wie das aussehen könnte, ist offen. Noch weniger klar ist, wie das Tauziehen ausgehen wird.
Sicher ist indes, dass der US-Elektroriese General Electric (GE) die Energiesparte der Franzosen kaufen will und dafür umgerechnet rund 12,35 Mrd. Euro bietet. Und klar ist auch, dass der Verwaltungsrat von Alstom dieser Offerte positiv gegenüber steht.
Siemens hatte sein Interesse an einer Übernahme von Alstom-Teilen bereits bekundet, am Mittwoch aber überraschend erklärt, ein gemeinsames Angebot mit MHI prüfen zu wollen. Es waren die Münchner, die den japanischen Konzern mit ins Boot holten. Darüber, wie sie sich eine Aufteilung von Alstom vorstellen, schweigen beide Konzerne.
Siemens an Gasturbinen interessiert
In Medienberichten und Industriekreisen gibt es dazu einige Angaben. So dürfte Siemens vor allem am Gasturbinen-Geschäft der Franzosen Interesse und MHI das Dampfturbinen-Geschäft im Blick haben. Damit käme dann auch ein weiteres japanisches Unternehmen hinzu.
Denn MHI betreibt sein Turbinen-Geschäft seit Jahresbeginn in einer Gemeinschaftsfirma mit dem Mischkonzern Hitachi, an der MHI 65 und Hitachi 35 Prozent hält – womit Hitachi durch die Hintertür an dem Deal beteiligt wäre. Das ist nicht ganz ohne Ironie: Hitachi wiederum ist bei der Nukleartechnik Partner in einem Joint Venture mit GE.
Der Chef der Hitachi-Energiesparte, Katsumi Nagasawa, sagte am Donnerstag der Finanznachrichtenagentur Bloomberg, der Plan von MHI und Siemens sei eine «gute Sache» für Hitachi. Auswirkungen auf die Atom-Partnerschaft mit GE habe ein solches Geschäft aber nicht.
Französische Regierung hat «keine Präferenz»
Siemens wollte sich zu alldem am Donnerstag nicht äussern. Konzernchef Joe Kaeser hatte am Mittwoch lediglich erklärt: «Ich freue mich darauf, mit MHI zusammenzuarbeiten, um eine langfristig tragfähige Lösung für Alstom, MHI und Siemens zu schaffen.» Wie genau diese Lösung aussehen könnte? Dazu schweigen Siemens und MHI.
Davon unabhängig dürfte der frühere Siemens-Vorschlag bleiben, das eigene Zuggeschäft mit der Bahnsparte von Alstom, die etwa den Hochgeschwindigkeitszug TGV fertigt, zu einem neuen Unternehmen zusammenzulegen, an dem Siemens beteiligt bleiben würde. Doch auch hier ist vieles nach wie vor vage.
GE hat mittlerweile versprochen, 1000 neue Jobs im Land zu schaffen. Siemens will lediglich eine dreijährige Stellengarantie für die aktuelle Alstom-Belegschaft abgeben.
Die französische Regierung wiederum zeigte sich weiterhin offen. Es gebe «keine Präferenz», hiess es am Donnerstag in Paris nach einem Treffen von Präsident François Hollande, Regierungschef Manuel Valls und Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg. Ziel sei es, verbesserte Angebote für Alstom zu bekommen.
Bereits am Mittwoch war aus dem Umfeld von Alstom hingegen Skepsis zu hören. Denn die Pläne von Siemens und MHI kämen einer Zerschlagung gleich, wie es hiess.
Das allerdings, so hört man in der Branche, wäre auch bei einer Übernahme von Alstom-Teilen durch GE kaum anders. Wer immer also den Zuschlag bekommt: Für Alstom wird am Ende wohl alles anders sein.