Heute in einem Jahr beginnen in Rio de Janeiro die 31. Olympischen Sommerspiele. An schönen Bildern wird es nicht mangeln, noch gibt es aber viele Baustellen.
Da ist er wieder, der «weisse Elefant». Bilder werden gezeigt. Vom Tennisstadion in Atlanta, vom Schwimmstadion in Athen und von der Kanu-Strecke in Peking. Sportstätten, die nach Olympia vor sich hin gammeln. Bei den Spielen 2016 soll es nicht wie bei der Fussball-WM 2014 in Brasilien teure, sinnlose Bauten geben. «Wir wollen Spiele ohne ‚weisse Elefanten‘. Verbesserungen für die Bürger», sagt Pedro Paulo, Chefberater von Rios Bürgermeister Eduardo Paes. Nach den ersten Olympischen Spielen in Südamerika sollen einzelne Arenen als Trainingszentren, für Konzerte oder nach einem Umbau als Schule für rund 1000 Schüler genutzt werden.
Laut Umfragen sollen inzwischen 67 Prozent der Bürger Rios die Spiele unterstützen. Das Schwimmstadion liegt imposant am Wasser, die Tennisarena vor einer Rio-typischen Hügelkulisse. Rio de Janeiro 2016 wird ein Olympia der Bilder, es ist eine der schönsten Städte der Welt. Der Christo, der Zuckerhut, die Lebensfreude der Cariocas, der Einwohner von Rio.
Vier Zentren
Touristen müssen sich allerdings auf lange Wege einstellen. Es gibt gleich vier Olympia-Zentren. Die meisten Wettbewerbe – darunter Schwimmen, Rad, Fechten, Handball, Basketball, Turnen und Tennis – finden in Barra da Tijuca statt, 40 Kilometer von der Copacabana entfernt. Jetzt schon eine eigene Stadt, wird so die Ausdehnung Rios vorangetrieben. Viel neuer Wohnraum soll entstehen durch das olympische Dorf, als Vorbild wird München 1972 genannt. Und der Bürgermeister nennt immer wieder Barcelona 1992: Fröhliche Spiele, die der Stadt danach einen erheblichen Touristenzustrom beschert haben.
Anders als zuletzt bei den Winterspielen 2014 in Sotschi gibt es in Rio ein einziges olympisches Dorf. «Dies ist etwas, was man sich als Nationales Olympisches Komitee wünscht. Man hat alle Athleten beisammen, was bezüglich Logistik vieles vereinfacht», freut sich Ralph Stöckli, der in einem Jahr erstmals eine Schweizer Olympia-Delegation als Chef de Mission anführen wird. «Ich bin überzeugt, dass die Infrastruktur top sein wird.»
Das wichtigste Infrastrukturprojekt ist die Metro-Linie 4 nach Barra da Tijuca. Eine Behörde zur Überwachung der Ausgaben sieht ein «hohes Risiko», dass die Linie nicht rechtzeitig fertig wird, aber zuletzt gab es bei den Tunnelbauarbeiten Fortschritte. Nach Barra soll es mit der U-Bahn 15 Minuten dauern; heute brauchen Taxis und Busse in Stosszeiten eine bis zwei Stunden. Überall wird gebaut, bei einigen Strassenprojekten könnte es knapp werden – aber die Cariocas sind Meister der Improvisation. Irgendeine Lösung findet sich immer.
Eröffnungsfeier im Maracanã
Aus Kostengründen wird es kein neues Olympiastadion geben. Ein bestehendes Leichtathletikstadion von den Panamerikanischen Spielen 2007 wird auf 60’000 Zuschauer erweitert, die Eröffnungsfeier am 5. August und die Schlussfeier am 21. August finden im grösseren Maracanã statt – dieses hat aber keine Laufbahn. Beide Stadien liegen im Nordosten der 6,5-Millionen-Einwohner-Stadt. Im Nordwesten in Deodoro sollen unter anderem Reiten, Landhockey, BMX und Kanuslalom stattfinden, in einer Lagune beim Stadtteil Copacabana die Ruderwettbewerbe und am Strand der Copacabana Beachvolleyball und das Langstreckenschwimmen. Ein Höhepunkt wird das Finale im Marathon im Sambodromo, sonst Herz des Samba-Karnevals von Rio.
Vom Sportlichen her interessiert die Brasilianer vor allem ein Titel: Fussball-Gold, am besten bei Männern und Frauen. Da auch drei Akteure mit mehr als 23 Jahren in jedem Olympiateam mitspielen dürfen, wird natürlich fest mit der Teilnahme von Superstar Neymar gerechnet. Angepeilt wird ein Platz unter den besten zehn im Medaillenspiegel. Vor drei Jahren in London resultierte für Brasilien nur der 22. Rang.
Offiziell ist das Internationale Olympische Komitee (IOC) um Präsident Thomas Bach «zufrieden» mit den Vorbereitungen. Grösstes Sorgenkind sind die Segelwettbewerbe in der verschmutzten Guanabara-Bucht am Zuckerhut. Misstrauen begleitet die Organisatoren. Das IOC will im Vorfeld von Olympia selbst die Wasserqualität messen lassen. Einen Plan B, eine Verlegung in sauberere Gefilde, gibt es (noch) nicht.