Die suspendierte brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff gibt sich im Kampf um ihr Amt nicht geschlagen. Vor dem offiziellen Beginn des Amtsenthebungsverfahrens beteuerte sie am Dienstag in einem öffentlichen Appell an ihre Landsleute ihre Unschuld.
In der Hauptstadt Brasília verlas Rousseff einen offenen Brief an das brasilianische Volk: «Ich bin unschuldig», sagte sie. «Wir müssen die Demokratie in unserem Land stärken und deshalb ist es nötig, dass der Senat den Prozess der Amtsenthebung beendet.» Ihre Absetzung durch den Senat wäre mangels triftiger rechtlicher Gründe «eindeutig ein Staatsstreich».
Rousseff schlug einen Ausweg aus der derzeitigen Lage vor, die sie als «einen der dramatischsten Momente in Brasiliens Geschichte» beschrieb: Sollte der Senat das Amtsenthebungsverfahren einstellen, werde sie ein Referendum über die Abhaltung von Neuwahlen ansetzen.
Mit einer Reform des Wahlrechts solle das derzeit gelähmte politische System ausserdem einer «tiefen Transformation» unterzogen werden.
«Ich habe mir die harte Kritik an meiner Regierung wegen der Fehler, die ich gemacht habe, angehört», fuhr Rousseff fort. Sie akzeptiere diese Kritik mit «Demut und Entschlossenheit». Nur so könne wieder nach vorn geschaut werden.
Mehrheit gegen Rousseff
Rousseff war Anfang Mai vom Parlament für zunächst 180 Tage ihres Amtes enthoben worden. Nach dem Ende der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro beginnt ihr Prozess vor einem förmlichen Tribunal des Senats, an dessen Ende die endgültige Absetzung Rousseffs stehen könnte. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Senat gilt eine Abwendung des Amtsenthebungsverfahrens als sehr unwahrscheinlich.
Der Politikerin der linksgerichteten Arbeiterpartei wird vorgeworfen, Geld ohne Zustimmung des Kongresses ausgegeben und Haushaltszahlen geschönt zu haben, um vor der Präsidentschaftswahl 2014 ihre Chancen zu verbessern.
Justizverfahren wegen Lula-Posten
Der Oberste Gerichtshof billigte derweil am Dienstag die Einleitung von Ermittlungen gegen Rousseff wegen des Verdachts auf Behinderung der Justiz. Die Staatsanwaltschaft will prüfen, ob Rousseff im März ihren Amtsvorgänger Luíz Inacio Lula da Silva vor Korruptionsermittlungen durch die Justiz habe schützen wollen.
In dem Fall geht es um Schmiergeldzahlungen des Ölkonzerns Petrobras. Durch die Berufung in Rousseffs Regierung als Kabinettschef hatte Lula damals Immunität gewonnen.
Ein Sprecher von Rousseff reagierte gelassen auf den Schritt der Justiz. Die kommenden Ermittlungen würden letztlich belegen, «dass es zu keinem Moment eine Behinderung der Justizarbeit gegeben» habe, sagte der Sprecher zur Nachrichtenagentur AFP.