Wie entkommt die Enkelin (Zoe Kazan) eines der berühmtesten Filmregisseure aller Zeiten (Elia Kazan) dem Druck, ebenso gut sein zu müssen, wie ihr Grossvater? Indem sie sich neu erfindet. In einem Film. Und dort zu einer Wirklichkeit wird. Für einen anderen Autor.
Wie entkommt die Enkelin (Zoe Kazan) eines der berühmtesten Filmregisseure aller Zeiten ( Elia Kazan) dem Druck, ebenso gut sein zu müssen, wie ihr Grossvater? Indem sie sich neu erfindet. In einem Film. Und dort zu einer Wirklichkeit wird. Für einen anderen Autor.
Kevin versteht nicht viel vom Leben. Er ist zwar ein Genie, soll auch einen genialen Erstling geschrieben haben, aber auf die Poesie der Liebe versteht er sich trotzdem nicht gross. Hätte er Brecht gelesen wüsste er, was er auf Herrn K.’s Frage, ob er sich ein Bild mache von seiner Geliebten zu antworten hätte: Ja! Um dafür besorgt zu sein, dass die Geliebte dem Bild ähnlich werde! Kevin hat auch Frisch nicht gelesen, der das Bildermachen in der Liebe ganz in Frage stellte.
Kevin macht sich also ein Bild von seiner Geliebten. Dass er ihr noch nicht begegnet ist, hindert ihn nicht daran, seine Traumfrau zu beschreiben, bevor er sie kennen lernen durfte. Kevin schreibt von ihr, träumt von ihr, erzählt von ihr, bis er feststellen muss, dass die erdichtete Geliebte einen BH in seiner Wohnung vergessen hat. Was erst wie eine kleine Nachlässigkeit aussieht, wird zu bedrohlicher Gewissheit, als die Traumfrau sich in seiner Küche zu schaffen macht. Wie erklärt er das seiner Mutter? Kevin beginnt zu ahnen, warum du dir kein Bildnis von deiner Vergötterten machen solltest. Sonst steht sie eines Tages wirklich neben deinem Bett. Doch: Welcher junge Mann könnte da widerstehen?
Kevin weiss, dass er damit gegen (fast) alle Gesetze dieser Welt verstösst, ausser einem: Dem Gesetz, dass die Liebe ein Wunder sei. Er schreibt weiter über sein Wunder. Geht mit seiner Traumfrau aus. Stellt sie seinem Bruder vor. Kauft mit ihr ein, lebt mit ihr zusammen – alles wunderbar ganz nach seinem Kopf und Manuskript.
Was jetzt zu einem filmischen Verwirrspiel werden könnte, ist als Geschichte rasch durchschaut. Den Anfangs-Überraschungen folgen kaum mehr weitere. Der Schluss ist sogar herzlich kitschig. Oder einfach nur unnötig: Alles wieder in Butter. Hätte Zoe Kazan ihren Kevin Brecht lesen lassen, er hätte die Traumfrau wenigstens einen Scheissjob haben lassen, um das Bild etwas mit mehr Widersprüchen zu füllen. Hätte er Frisch kennen dürfen, er hätte die junge Frau vielleicht auch schreiben lassen, von ihrem eigenen Traummann, der sich nicht als Kevin entpuppen könnte.
So bleibt Zoe Kazans «Ruby Sparks» eine Teeniekomödie, die schon an Teenies kaum Ansprüche stellt, die Salinger nicht kennen. Jene, die allerdings Salinger kennen, werden den Film vielleicht anspruchslos finden. Trotzdem: Kazan hat auch ohne Grossvater Kazans Tiefe eine stinkbegabte, leichtfüssige Komödie geschrieben und – spielt ihre eigene Erfindung! Da darf man gerne auf Weiteres gespannt sein, von der Schauspielerin wie der Drehbuchautorin.