Marco Materazzi wird unverhofft zur grossen Figur im WM-Final 2006. Der Verteidiger ist an allen wichtigen Szenen im Spiel zwischen Italien und Frankreich beteiligt.
Am 9. Juli 2006 hätte Zinédine Zidane eigentlich seine Karriere krönen und Frankreich zum zweiten WM-Titel führen sollen. Nicht nur Franzosen träumten von diesem Szenario, auch zahlreiche Fussballliebhaber aus der ganzen Welt hätten dem Supertechniker mit algerischen Wurzeln diesen Abgang gewünscht. Doch ausgerechnet Materazzi, mittelmässig begabt und mit zweifelhaftem Leumund, stahl ihm die Show und trug zum vierten WM-Titel der «Squadra Azzurra» entscheidend bei.
Dass Materazzi überhaupt zum Einsatz kam, verdankte er der Verletzung von Alessandro Nesta im letzten Gruppenspiel. So konnte er zusammen mit Fabio Cannavaro die fast unüberwindbare Innenverteidigung bilden, gegen die auch der Gastgeber Deutschland im Halbfinal keine Mittel gefunden hatte. Im Final geriet Materazzi nach sieben Minuten erstmals ins Blickfeld, als er mit einem Foul an Florent Malouda den Penalty verschuldete, den Zidane mit einem «Panenka» verwertete. In der 19. Minute sorgte Materazzi nach einem Eckball mit dem Kopf für den Ausgleich. Und im Penaltyschiessen trat er als zweiter Italiener an und traf.
In Erinnerung wird Materazzi aber in erster Linie bleiben, weil er in der 108. Minute die Tätlichkeit von Zidane provoziert hatte, die zur Roten Karte und zum unrühmlichen Abgang des Spielmachers führte. Wie aus dem Nichts hatte Zidane seinen Kopf gegen die Brust von Materazzi gerammt. Wie hatte der Italiener aus Zidane einen wilden Stier gemacht? Viel wurde darüber spekuliert. Folgender Wortwechsel soll der Aktion vorausgegangen sein. Zidane (nach einem Trikot-Zupfer von Materazzi): «Wenn du mein Trikot wirklich willst, gebe ich es dir nach dem Spiel.» Materazzi: «Ich habe lieber deine Schwester, diese Nutte.»
Materazzi, auf dem Berliner Rasen mehr Opfer als Täter, festigte mit dieser Aktion dennoch seinen Ruf als Bösewicht, den er sich in den Jahren zuvor erarbeitet hatte. Den Übernamen «Matrix» hatte er erhalten, weil seine Abwehraktionen teilweise an die Kampfszenen im gleichnamigen Film erinnerten. 25 Mal wurde er in seiner Karriere vom Platz gestellt. Er und Zidane haben sich bis heute nicht versöhnt. Untrennbar miteinander verbunden sind sie dennoch. Zum «coup de tête» gibt es nicht nur Parodien, Lieder und T-Shirts, sondern auch eine über fünf Meter hohe Bronze-Statue.