Israel und die Türkei wollen nach drei Jahren Eiszeit ihre Beziehungen wieder normalisieren. Den Weg dafür bereitete eine Entschuldigung des israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu für den Tod von neun Türken bei der Erstürmung der Seefähre «Mavi Marmara».
Diplomaten beider Länder wollten in Kürze über eine Entschädigung der Angehörigen beraten, berichtete der israelische Rundfunk am Sonntag. Auch solle die Rückkehr der Botschafter beider Länder besprochen werden.
Netanjahu teilte am Samstagabend mit, die Krise in Syrien sei der Hauptgrund für die Versöhnung Israels mit der Türkei. «Syrien zerfällt, und seine riesigen und fortschrittlichen Waffenarsenale beginnen in die Hände verschiedener Elemente zu fallen.»
Sein Berater Jaakov Amidror betonte am Sonntag, die Versöhnung sei nicht auf Druck der USA, sondern auf eigene Initiative geschehen. «Wir haben die Amerikaner in der Sache um Hilfe gebeten und uns mit ihnen darüber beraten, wie man es am besten anstellt», sagte er.
Erdogan will Gazastreifen besuchen
Die Entschuldigung hatte Netanjahu am Freitag bei einem Telefongespräch mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan ausgesprochen. Es sei durch «operative Fehler» zum Verlust von Menschenleben gekommen, sagte er im Beisein von US-Präsident Barack Obama. US-Aussenminister John Kerry teilte mit, die Versöhnung Israels mit der Türkei sei sehr wichtig für die Friedensbemühungen in der Region und die Stabilität im Nahen Osten.
Erdogan kündigte kurz nach der Entschuldigung Israels eine Reise in den Gazastreifen an. Türkische Medien berichteten am Samstag, Erdogan könne das Palästinensergebiet schon im April besuchen.
An dem Erfolg hatte Obama offenbar erheblichen Anteil. Dass er die Aussöhnung vermittelt habe, nahm er jedoch nicht für sich in Anspruch.
Auf der letzten Station seiner Reise in der jordanischen Hauptstadt Amman betonte der US-Präsident, er habe seit langem immer wieder deutlich gemacht, dass es im Interesse Israels und der Türkei liege, die bis zu dem Marmara-Zwischenfall guten Beziehungen zu normalisieren.
Kritik Liebermans
Der damalige und möglicherweise auch künftige israelische Aussenminister Avigdor Lieberman rügte die Entschuldigung jedoch als «schweren Fehler»: «Jeder, der die Bilder von der Marmara gesehen hat, versteht ohne jeden Zweifel, dass die israelischen Soldaten in Notwehr gehandelt haben», zitierte die Zeitung «Jediot Achronot» die Nummer Zwei in Netanjahus rechtem Block Likud-Beitenu.
Bei dem israelischen Einsatz gegen das türkische Schiff «Mavi Marmara» waren im Mai 2010 insgesamt neun türkische Aktivisten getötet worden. Die islamisch-türkische Stiftung für humanitäre Hilfe (IHH) hatte die «Mavi Marmara» gechartert.
Zusammen mit anderen Schiffen sollte sie als «Solidaritätsflotte» Israels Seeblockade des Gaza-Streifens durchbrechen und 10’000 Tonnen Hilfsgüter zu den Palästinensern bringen.