Russische Duma gewährt Amnestie auch für Greenpeace-Aktivisten

Das russische Parlament hat ein von Präsident Wladimir Putin eingebrachtes Amnestiegesetz gebilligt. Auch der Schweizer Greenpeace-Aktivist Marco Weber dürfte davon profitieren.

Greenpeace-Activist Marco Weber (Archiv) (Bild: sda)

Das russische Parlament hat ein von Präsident Wladimir Putin eingebrachtes Amnestiegesetz gebilligt. Auch der Schweizer Greenpeace-Aktivist Marco Weber dürfte davon profitieren.

Die Anklage gegen 30 Greenpeace-Aktivisten – darunter Weber – wegen Rowdytums wird wohl fallengelassen. Sie hatten Mitte September an einer russischen Ölplattform für den Schutz der Arktis demonstriert.

Weber sagte in einer ersten Reaktion, er sehe noch keinen Grund zum Feiern. Die Arktis werde noch immer bedroht durch die «Profitgier der Ölkonzerne». Gefeiert werden könne erst, wenn die Arktis unter Schutz gestellt sei, zitierte Greenpeace Weber in einem Communiqué.

Greenpeace-Sprecher Ben Stewart erklärte, es gebe die Chance, dass die 26 ausländischen Besatzungsmitglieder zu Weihnachten zu Hause seien.

Das Parlament in Moskau verabschiedete am Mittwoch einstimmig in dritter und letzter Lesung den grössten Straferlass seit mehr als einem Jahrzehnt. Insgesamt dürften rund 25’000 Begünstigte vom Gesetz profitieren.

Auch die inhaftierten Mitglieder der kremlkritischen Punkband Pussy Riot dürften profitieren. Die 24-jährige Nadeschda Tolokonnikowa und die 25-jährige Maria Aljochina haben kleine Kinder – eine der vom Dekret ausdrücklich genannten Voraussetzungen. Ihre zweijährige Lagerhaft wegen Rowdytums endet Anfang März 2014.

Tolokonnikowas Mann schrieb auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, die Musikerinnen könnten bereits am Donnerstag freikommen. Dies hätten ihm die Strafvollzugsbehörden zugesichert.

Weitere Putin-Kritiker dürften profitieren

Kurz vor der entscheidenden Abstimmung dehnte das Parlament das vom Präsidenten veranlasste Projekt auf weitere politische Gefangene aus. Dem Passus zufolge sollen Teilnehmer an Ausschreitungen straffrei bleiben.

Dies soll acht Inhaftierte betreffen, die am 6. Mai 2012, dem Tag vor Putins dritter Amtseinführung, protestiert hatten. Die Organisatoren solcher Proteste sollen aber weiter verfolgt werden. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte erneut die Freilassung aller 27 wegen der Anti-Putin-Proteste Angeklagten. Das lehnte die Staatsduma aber ab.

Nach der russischen Verfassung musste das Parlament die Amnestie beschliessen. Sie tritt in Kraft, sobald die Regierungszeitung «Rossijskaja Gaseta» den Text veröffentlicht, voraussichtlich an diesem Donnerstag. Die Behörden haben dann sechs Monate Zeit, um den Straferlass umzusetzen.

Chodorkowski

bleibt im Gefängnis

Beobachter sehen die Amnestie auch als Zugeständnis an den Westen kurz vor der Eröffnung der ersten Winterspiele in Russland am 7. Februar. Menschenrechtler und westliche Politiker hatten auch mit Blick auf die Olympischen Spiele in Sotschi immer wieder Freiheit für politische Gefangene gefordert.

«Dieses Amnestiedekret ist kein Ersatz für ein effektives, unabhängiges Justizsystem», erklärte Amnesty International. Für Putins schärfste Gegner wie den seit zehn Jahren inhaftierten Ex-Öl-Manager Michail Chodorkowski oder den wegen Veruntreuung zu fünf Jahren Straflager auf Bewährung verurteilten Oppositionellen Alexej Nawalny gilt die Amnestie nicht.

Offizieller Anlass für den Gnadenakt Putins ist der 20. Jahrestag der russischen Verfassung, der am 12. Dezember begangen worden war.

Nächster Artikel