Auf der Krim ist es nach ukrainischen Angaben erneut zu einem Zwischenfall mit russischen Soldaten gekommen. Ukrainische Grenzschützer seien aus einem Aussenposten im Osten der Halbinsel vertreiben worden, teilten die Grenztruppen am Samstag in Kiew mit.
Sie hätten samt Familien ihre Wohnungen mitten in der Nacht verlassen müssen. Die Russen seien dabei rabiat vorgegangen und hätten einen Offizier geschlagen sowie ein Waffenlager konfisziert. Eine unabhängige Bestätigung dafür gab es zunächst nicht.
Die Lage auf der Krim ist seit Tagen gespannt. Nach dem Umsturz in Kiew übernahm Russland faktisch die Kontrolle über die Halbinsel, die Stützpunkt der russische Schwarzmeerflotte ist. Russische Sicherheitskräfte in Uniformen ohne Abzeichen haben die Kasernen des ukrainischen Militärs auf der Halbinsel umstellt.
Die Regionalregierung will sich Russland anschliessen und hat die ukrainischen Soldaten aufgefordert, ihre Stützpunkte den Russen zu übergeben.
Russland macht weiter
Unbeeindruckt von den Sanktionsdrohungen der EU und der USA treibt Russland den Anschluss der zur Ukraine gehörenden Halbinsel Krim voran. Moskau rechnet derzeit nicht mit einer Vermittlungsrolle der Europäischen Union oder der USA.
Der Westen habe durch sein Verhalten in der Krise erheblich an Glaubwürdigkeit verloren, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag im russischen Staatsfernsehen. «Die westlichen Partner haben wohl Kredit verspielt, wenn man sich das Schicksal des Vertrags vom 21. Februar anschaut», sagte der Sprecher von Präsident Wladimir Putin.
Das damals vermittelte Abkommen der ukrainischen Opposition mit Präsident Viktor Janukowitsch sollte einem Kompromiss den Weg bahnen.
Russlands Aussenminister Sergej Lawrow warnte die USA mit Nachdruck vor Sanktionen. Strafmassnahmen könnten für Washington schnell zum «Bumerang» werden, sagte Lawrow in einem Telefonat mit seinem US-Kollegen John Kerry. Eilige und unüberlegte Schritte würden das russisch-amerikanische Verhältnis nachhaltig beschädigen.
Zur Abweisung von OSZE-Beobachtern auf der Krim erklärte der ständige Vertreter Russlands bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in Wien, Andrej Kelin, nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Itar-Tass: Eine Entsendung einer solchen Delegation sei «zwecklos» ohne eine Zustimmung der Behörden auf der Krim oder in den östlichen ukrainischen Regionen. Ein Mandat für eine solche Beobachtermission müssten diese Regionen erteilen.
Kontaktgruppe gefordert
Genau diese Beobachtermission forderten US-Präsident Barack Obama und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag bei einem gemeinsamen Telefonat. Zudem plädierten sie für freie und faire Präsidentenwahlen in der Ukraine im Mai, hiess es aus Washington.
Weiter forderten sie den Rückzug russischer Soldaten von der ukrainischen Halbinsel Krim. Russland müsse der Bildung einer internationalen Kontaktgruppe rasch zustimmen, die zu einem direkten Dialog zwischen der Ukraine und Russland führen solle, um so die Krise zu deeskalieren und die territoriale Integrität der Ukraine wiederherzustellen.
China lehnt Sanktionen ab
Unterdessen rief Chinas Aussenminister Wang Yi zur Zurückhaltung in der Ukraine auf. «Es ist bedauerlich, dass es zu der heutigen Situation in der Ukraine gekommen ist, doch ist es kein Zufall, dass dieser Punkt erreicht wurde», sagte der Aussenminister am Samstag.
Die Krise sei «kompliziert», sagte Wang auf einer Medienferenz aus Anlass der laufenden Tagung des Volkskongresses in Peking. «Vorrang hat jetzt, dass Gelassenheit und Zurückhaltung geübt und verhindert wird, dass die Situation weiter eskaliert.»
Wang Yi beschrieb die Beziehungen zwischen China und Russland als «in der besten Phase ihrer Geschichte». Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und Russlands Präsident Wladimir Putin hätten eine «tiefe Freundschaft» entwickelt.
Am Vortag hatte das Aussenministerium auf Fragen nach den Sanktionsdrohungen der USA und der EU schon Chinas grundsätzliche Ablehnung solcher Strafmassnahmen in internationalen Beziehungen bekräftigt.