Russland schlägt erstmals schärfere Töne gegenüber Syriens Staatschef Baschar al-Assad an. Aussenminister Sergej Lawrow warf Assad am Mittwoch vor, Reformen für ein Ende der Gewalt zu verzögern. Bisher hatte Russland trotz internationaler Kritik Assad die Treue gehalten.
Bei weitem nicht alle Empfehlungen Russlands würden umgesetzt und schon gar nicht in der gewünschten Zeit, kritisierte Lawrow in einer Rede im Parlament in Moskau. Russland versuche alles, um die Krise in Syrien beizulegen.
Der Sondergesandte Kofi Annan warf Assad vor, seine Vorschläge nicht ausreichend beantwortet zu haben. Noch seien einige Fragen offen, sagte ein Sprecher Annans. Ein Sprecher des syrischen Aussenministeriums erklärte dagegen, sein Land habe „klar“ auf die Vorschläge Annans geantwortet.
Der frühere UNO-Generalsekretär hatte nach seinem Gespräch mit Assad erklärt, er habe sich auf drei Punkte konzentriert: Ein sofortiges Ende der Gewalt, humanitäre Hilfe und Beginn eines politischen Dialogs. Annan will am Freitag vor dem UNO-Sicherheitsrat erste Ergebnisse seiner Reise nach Damaskus vorstellen.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel kündigte nach einem Treffen mit dem tunesischen Ministerpräsidenten Hamadi Dschebali in Berlin weitere Gespräche mit China und Russland an. Merkel und Dschebali forderten eine klare Verurteilung der Gewalt in Syrien durch den UNO-Sicherheitsrat, was Russland und China bisher verhindert hatten.
Sturm auf Idlib
Assad ging derweil mit unverminderter Härte gegen seine Gegner vor. Nach der Stadt Homs nahmen die Truppen die Provinz Idlib an der Grenze zur Türkei und die Stadt Daraa in die Zange. Neue Angriffe der Regierungstruppen meldeten die Oppositionellen auch aus den Provinzen Homs, Hama und Daraa.
Ein Aufständischer in Idlib berichtete, das Militär habe die Stadt im Nordwesten des Landes vollständig eingenommen. „Seit gestern Abend gibt es keine Kämpfe mehr, die Freie Syrische Armee hat sich zurückgezogen.“ Die reguläre Armee habe die Stadt vollständig gestürmt und zahlreiche Menschen festgenommen.
Am Dienstag sollen in Syrien insgesamt 110 Menschen getötet worden sein. Dazu zählen nach Angaben der Protestbewegung 40 Männer, die in Idlib in der Nacht zum Dienstag hingerichtet worden seien. Am Mittwoch zählten die Aktivisten bis zum Nachmittag landesweit 44 Tote.