Russlands Oberster Gerichtshof hat die Überprüfung der Urteile gegen die inhaftierten Pussy-Riot-Mitglieder angeordnet. Vor allem an den Motiven der Frauen gebe es Zweifel, hiess es in dem am Donnerstag auf der Website des Gerichts veröffentlichten Urteil.
Nadeschda Tolokonnikowa und Maria Aljochina sitzen derzeit eine zweijährige Lagerhaftstrafe ab. Ihnen war vorgeworfen worden, im Februar 2012 aus «religiösem Hass» ein Protestgebet in einer Moskauer Kathedrale gegen den heutigen Präsidenten Wladimir Putin aufgeführt zu haben.
Das Motiv des Hasses sei nicht ausreichend bewiesen worden, urteilte der Gerichtshof nun und verwies die Sache an das zuständige Moskauer Gericht zurück. Ausserdem seien weder das junge Alter der Angeklagten, noch ihre familiäre Situation oder die Gewaltfreiheit ihrer Taten berücksichtigt worden. Weil Aljochina und Tolokonnikowa Mütter kleiner Kinder sind, wäre nach russischem Recht ein Strafaufschub möglich gewesen, hiess es in dem Beschluss.
Urteil und Richterspruch widersprüchlich
Zudem fehle ein stichhaltiges Motiv für die Anklage. Demnach stimmte auch die schriftliche Fassung des Urteils nicht mit dem im Gerichtssaal im August 2012 verlesenen Richterspruch überein.
Tolokonnikowas Verteidigung hatte Anfang November beim Obersten Gerichtshof die sofortige Freilassung der Musikerin beantragt. Die beiden Mitglieder des Künstlerinnenkollektivs sollen planmässig im kommenden März aus der Haft freikommen.
Der russische Menschenrechtsbeauftragte Wladimir Lukin, der die Beschwerde beim Obersten Gericht eingereicht hatte, und die Anwälte von Pussy Riot hoffen auf eine baldige Freilassung der Frauen. Zudem will die Staatsduma von kommender Woche an über eine grosse Amnestie beraten, in deren Folge die nach Kritik an Kremlchef Wladimir Putin inhaftierten Musikerinnen auf freien Fuss kommen könnten.
Massenfreilassung vor Olympischen Spielen?
Vor Beginn der Olympischen Winterspiele am 7. Februar in Sotschi hatten Menschenrechtler Putin verstärkt dazu aufgefordert, politische Gefangene freizulassen. Für Tolokonnikowa und Aljochina ist die Anordnung des Obersten Gerichts ein wichtiger Teilerfolg, nachdem sie der Justiz immer wieder politisch gesteuerte Willkür vorgeworfen hatten.