Santorum zieht sich aus der Kandidatenkür zurück – nachdem er ein verblüffendes Rennen hingelegt hat. Unter anderem dank seines Grossvaters aus Italien.
Warum Rick Santorum ausgerechnet den 10. April gewählt hat, um das Handtuch zu schmeissen, ist (noch) nicht klar. Aber fest steht schon jetzt, dass die Kampagne ohne ihn radikal anders werden wird.
Mit Santorums Rückzug steht dem Duell zwischen Mitt Romney – für die Republikaner – und Barack Obama – für die Demokraten – und nichts mehr im Wege. Von jetzt an ist nicht mehr Vorwahlkampf. Sondern echter Wahlkampf. Daran können auch die beiden vorerst noch im Rennen verbleibenden republikanischen Mitbewerber Newt Gingrich und Ron Paul nichts ändern. Sie haben keine Chance auf eine Nominierung. Und sie wissen es.
In dem am 10. April zu Ende gegangenen Kapitel ist der 53jährige Santorum die eigentliche Überraschung gewesen. Er war der Kandidat, der die konservative Wende in der tiefen Provinz der Supermacht am klarsten eingefangen und repräsentiert hat: Den missionarischen Eifer und die Überzeugung, dass früher – also vor Präsident Obama – alles besser war.
Noch bis Ende vergangenen Jahres hätte kaum jemand einen Cent auf den obskuren Ex-Senator aus Pennsylvania gesetzt. Kaum jemand ausserhalb seines Bundesstaates kannte seinen Namen.
Doch dann kam Iowa, der kleine Bundesstaat im Mittleren Westen, wo am 3. Januar wie üblich der erste „Caucus“ des republikanischen Vorwahlkampfes stattfand. Santorum tingelte von einer Pizzabude zur nächsten. Trat anfangs vor winzigen Gruppen auf. Sprach für ein halbes Dutzend Mais-Bauern.
Seine Themen und sein Pathos kamen an. Santorum predigte «sexuelle Enthaltsamkeit» (gleichbedeutend mit: Ablehnung von Verhütung und natürlich Schwangerschaftsabbruch), «traditionelle Ehe» (gegen die Gleichstellung homosexueller Beziehungen), das «zweite Grundrecht» (das Recht auf Waffentragen) und militärische Stärke (darunter die Rückkehr der US-Truppen in den Irak, den Obama nach acht Kriegsjahren verfrüht verlassen habe). Und er gewann – auch wenn sich das erst bei einem späten Nachzählen der Stimmen herausstellte – das symbolisch wichtige Iowa.
Während Mitt Romney, der Kandidat der Parteispitze und der traditionellen RepublikanerInnen, bis heute stocksteif und distant von seiner Basis bleibt, gelang es Santorum, sein Publikum mitzureissen. Seine persönlichen Geschichten – unter anderem über den aus Italien eingewanderten Großvater, der in Pennsylvania Grubenarbeiter wurde – wurden mit jedem Auftritt besser. Und brachten jenes Stück soziale Realität in die Kampagne, das allen anderen republikanischen Kandidaten fehlt.
Und Santorum kam nie allein. Bei jedem Auftritt standen seine Frau und manchmal drei, manchmal vier, fünf oder sogar sechs seiner Kinder hinter ihm. Aufgereiht, wie für den Familienfotografen. Sein siebtes und jüngstes Kind, die schwer behinderte dreijährige Bella, war zwar nicht persönlich dabei, aber kam oft in seinen Reden vor. Mehrfach unterbrach Santorum seinen Wahlkampf, weil Bella mit einer neuen, lebensbedrohliche Krise ins Krankenhaus musste.
Nach Iowa hat Santorum entgegen allen Prognosen die Unterstützung der republikanischen Basis in zehn anderen Bundesstaaten bekommen. Doch in den vergangenen Wochen hat er nur noch verloren. Zuletzt in Wisconsin, Maryland und Illinois. Selbst in seinem eigenen Bundesstaat Pennsylvania, wo in knapp zwei Wochen Vorwahlen sind, waren seine Gewinnchancen dünn.
Indem er jetzt aussteigt, erspart sich Santorum weitere Niederlagen in seinem Lebenslauf. Und positioniert sich zugleich für künftige Präsidentschaftwahlkämpfe. Mit seinen 53 Jahren war er der jüngste republikanische Bewerber in diesem Vorwahlkampf. Nachdem er sich jetzt als der konservative Hoffnungsträger eingeführt hat, kann er sich in Ruhe auf 2016 und 2020 vorbereiten.