Mit „Sapperlot! Mundarten der Schweiz“ präsentiert die Nationalbibliothek in Bern ihre erste vollumfänglich viersprachige Ausstellung. Neben dem Anhören von Sprachaufnahmen aus fast 100 Jahren können Besucher in einem Tonstudio ihr eigenes Idiom beisteuern.
Das Computerprogramm, mit dem Besucher zum Forschungsprojekt „Stimmen der Schweiz 2012“ beitragen können, fragt beispielsweise mit einem Foto eines abgegessenen Apfels nach der Bezeichnung: „Gigetschi“, „Gröibschi“, „Bütschgi“, „Bitzgi“ oder „Bützgi“ wurden etwa als Anworten registriert.
Der französischsprachige Fragebogen dagegen gibt Sätze vor, die es auszusprechen gilt. Denn in der Westschweiz ist – im Gegensatz zur Deutschschweiz, zum Tessin und zu Graubünden – die Standardsprache die Regel und das einst reiche Vorkommen an Patois‘ fast erschöpft.
Dass Dialekte verschwinden, oder sogar ganze Sprachen – laut Unesco zwei pro Monat – stimme traurig, sagte Marie-Christine Doffey, Direktorin der Nationalbibliothek, am Dienstag vor den Medien. Dennoch wollen die Ausstellungsmacher Dialekte nicht nur als etwas Erhaltungswürdiges, sondern als etwas Lebendiges verstanden wissen, das sich gerade auch durch die Migration stetig wandelt.
Einst und jetzt
So reichen denn die Hörbeispiele von archaischen Sagen bis zum modernen Schimpfwort „Vollpfoschte“, von jiddischen Surbtaler Pferdehändlern bis zu Bundesrätin Doris Leuthard, vom fiktiven Berndeutsch in Franz Hohlers „Totemügerli“ bis zu kurzlebigen balkan-helvetischen Sprüchen à la „S Bescht wos je hets gits“.
Auch eine Basler Schnitzelbank, die über den Mischdialekt der eingewanderten Deutschen frotzelt, und ein Interview von Roger Schawinski mit dem – gerade diesen Mischdialekt sprechenden – Ottmar Hitzfeld sind im Angebot.
Zum Spannungsverhältnis zwischen Mundart-Boom – etwa in Musik und Literatur – und Lob der Hochsprache – etwa durch Peter von Matt – nimmt die Ausstellung nicht Stellung. Mit Zitaten an den Flurwänden lässt sie aber Intellektuelle darüber zu Wort kommen.
Auditive Schweizerreise
Im eigentlichen Schauraum wandelt der Besucher über einen Teppich in Gestalt der Seenlandschaft Schweiz. Darüber hängen dreizehn Hörstationen, unter denen man sich Sprechbeiträge aus den jeweiligen Regionen anhören kann.
Die meisten Hörbeispiele stammen aus dem Phonogrammarchiv der Universität Zürich. Dessen Mitarbeiter schleppten vor 100 Jahren noch riesige Phonographen mit Schalltrichtern durch die Lande, um Mundarten zu sammeln. Einer dieser Apparate ist in der Ausstellung der erste in einer Reihe technischer Weiterentwicklungen.