Die SBB müssen den Test mit einem Intercity-Halt in Bern-Wankdorf und Zürich-Altstetten abblasen. Das Bundesamt für Verkehr hat den Pilotversuch am Donnerstag abgelehnt. Die SBB spricht von einer «verpassten Chance».
Die Idee hinter dem Versuch der SBB war, die stark belasteten Bahnknoten Bern und Zürich zu entlasten. In den grossen Schweizer Städten sind in den letzten Jahren mehrere tausend Arbeitsplätze von den Zentren in neue Bürogebäude in der Agglomeration verschoben worden. Mit Halten in Vorortsbahnhöfen könnte der Arbeitsweg der Pendler verkürzt werden, so die Idee.
Im Bern-Wankdorf beispielsweise haben verschiedene grosse Konzerne neue Sitze errichtet, darunter auch die SBB. Das Bahnunternehmen betonte stets, es handle sich bei dem Pilotprojekt nicht etwa um eine Extrawurst für die eigenen Angestellten.
Der Halt eines Entlastungszuges in diesen Wachstumsregionen wäre eine konkrete Massnahme gewesen, um herauszufinden, ob und wie stark die Intercity-Züge zur Hauptverkehrszeit zwischen Zürich und Bern entlastet werden können, schreibt die SBB in einer Mitteilung vom Donnerstag.
Der Versuch wäre im Sinne der Kunden gewesen, bedauert die SBB die Ablehnung. Ausserdem entspreche er dem politischen Willen, «intelligente und kostengünstige Lösungen für die Mobilität der Zukunft» umzusetzen.
Trumpf aus der Hand geschlagen
Die Vereinigung Pro Bahn, die sich die Interessenvertretung der Kundinnen und Kunden des öffentlichen Verkehrs auf die Fahne geschrieben hat, kritisiert den Entscheid des Bundesamtes für Verkehr als «Schuss ins Bein der SBB». Damit sei der Bahn ein Trumpf aus der Hand geschlagen worden.
Mit einem Halt in Vorortsbahnhöfen wie Zürich-Altstetten, Bern-Wankdorf oder Renens VD liesse sich der Arbeitsweg von zehntausenden Pendlern verkürzen. Die Bahn würde zwar etwas langsamer, übers Ganze gesehen aber dennoch attraktiver.
Als «mutlos» kritisierte auch Patrick Hischier vom Konsumentenforum den Entschied des Bundes. Mit dem Intercity-Halt in Bern-Wankdorf und Zürich-Altstetten wäre einem Wunsch der Bahnkunden entsprochen worden, sagte er.
BAV bemängelt fehlendes Konzept
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) begründete seine ablehnende Haltung am Donnerstag damit, dass von Seiten der SBB ein Konzept fehle, wie das bestehende Knoten- und Taktprinzip mit Halten an den Agglomerationsgrenzen ergänzt und allenfalls entlastet werden könne. Ein isolierter Testversuch zum jetzigen Zeitpunkt bringe kaum die gewünschten Erkenntnisse.
Zusätzliche Halte machten die Verbindung Bern-Zürich für Direktreisende weniger attraktiv. Dazu komme, dass sich die betroffenen Kantone sowie das für die S-Bahn im Raum Bern zuständige Bahnunternehmen BLS gegen die beantragten Halte ausgesprochen hätten.
Grundsätzlich zeigt sich das BAV offen, die Einführung von Fernverkehrshalten ausserhalb der grossen Bahnknoten im Hinblick auf die künftige Entwicklung des Bahnsystems zu prüfen. Dazu seien aber vorgängig die nötigen Grundlagen zu erarbeiten, wie das BAV am Donnerstag mitteilte. Erst danach könne das Konzept mit einzelnen Pilotversuchen getestet werden.
BLS zufrieden
Zufrieden mit den Entscheid des Bundes ist das Bahnunternehmen BLS, das im Raum Bern für die S-Bahn zuständig ist. Ein Entscheid zu Gunsten eines IC-Haltes in Bern-Wankdorf hätte die heute geltende Rollenteilung und Finanzierung von Fernverkehr und regionalem Personenverkehr in Frage gestellt, schreibt die BLS in einer Mitteilung.
Die BLS befürchtet, dass ein Intercity-Halt im Wankdorf der S-Bahn Kunden abgräbt. Wenn weniger Personen die S-Bahn benutzten, gingen die Ticketerlöse zurück, dementsprechend erhöhe sich der Abgeltungsbedarf der öffentlichen Hand, argumentiert die BLS. «Dies wirkt sich schliesslich negativ auf die Steuerzahlenden aus».
Ausserdem würde ein IC-Halt im Wankdorf die Stabilität des Fahrplans gefährden, argumentiert die BLS.
Das Bahnunternehmen zeigte sich in einer Stellungnahme vom Donnerstag bereit, über eine Änderung des heutigen Systems und die Rollenteilung zwischen Fernverkehr und regionalem Personenverkehr zu diskutieren. Dazu müsse aber eine grundlegende Diskussion unter der Federführung des BAV geführt werden, bei der alle Partner «auf Augenhöhe» mitreden könnten.