Maria Becker ist tot. Die bekannte Theater- und Filmschauspielerin starb am Mittwoch 92-jährig in Uster. Becker war lange Jahre Mitglied des Zürcher Schauspielhaus-Ensembles. Sie trat auf Bühnen in ganz Europa auf und spielte alle grossen tragischen Frauenrollen.
Sie sei zu Hause in Frieden entschlafen, teilte die Familie am Freitag mit. Becker wurde am 28. Januar 1920 in Berlin geboren. Sie wurde von der Grossmutter erzogen, da beide Eltern Schauspieler waren.
Nachdem ihre mittlerweile geschiedene Mutter, eine getaufte Jüdin, in Deutschland keine Engagements mehr bekam, emigrierte sie 1936 mit „Mariederle“ nach Wien. Dort wurde die 16-Jährige ins renommierte Reinhardt-Seminar aufgenommen.
Nach dem Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich zogen die beiden weiter, Maria zunächst nach England und danach in die Schweiz. 1939 erfolgte ihr Debüt am Pfauen, dem „Juden- und Kommunistentheater“, wo sie auch Robert Freitag kennenlernte.
Als ihr 1945 ein Arzt eröffnete, dass sie schwanger sei, rief sie aus „Was! Gerade jetzt, wo ich heiraten will!“, überlieferte Freitag. Durch die Heirat mit dem österreichisch-schweizerischen Doppelbürger erhielt Maria Becker das Schweizer Bürgerrecht. Aus der Ehe gingen drei Söhne hervor, von denen zwei – Benedict Freitag und Oliver Tobias – ebenfalls Schauspieler wurden.
Der erste weibliche Mephisto
Becker wirkte in der Uraufführung von Bert Brechts „Der gute Mensch von Sezuan“ mit und in den deutschen Erstaufführungen von Jean-Paul Sartres „Fliegen“ und Edward Albees „Wer hat Angst vor Virginia Wolf?“. 1977 spielte sie in München als erste Frau den Mephisto.
Nach Engagements unter anderem am Burgtheater in Wien und am Residenztheater in München gründete sie 1956 zusammen mit ihrem Mann und dem deutschen Theaterschauspieler Will Quadflieg „Die Schauspieltruppe Zürich“, mit der sie durch ganz Europa und die USA tourte.
Nach der Scheidung 1966 arbeiteten Becker und Freitag noch 30 Jahre weiter zusammen. „Ich wollte, andere wären so glücklich verheiratet, wie ich geschieden bin“, sagte Maria Becker später.
„Ein sehr interessantes Leben“
Ihre unkonventionelle Art demonstrierte Becker auch 2010, als ihr das Zürcher Schauspielhaus zum 90. Geburtstag eine grosse Bühnen-Hommage ausrichtete. Nachdem sie sich das theatralisch-musikalische Spektakel von der fünften Reihe aus angesehen hatte, stand sie auf und resümierte: „Ich habe das Gefühl, ein sehr interessantes Leben geführt zu haben.“