Mit der Wahl eines neuen Präsidenten will die FIFA in ein neues Zeitalter starten. Der Nachfolger von Joseph Blatter muss dem Weltverband nach Monaten der Skandale wieder zu Reputation verhelfen.
Nach 6472 Tagen endet die Dauer-Regentschaft von FIFA-Chef Sepp Blatter beim ausserordentlichen Kongress des Fussball-Weltverbandes in Zürich. Mit der Kür eines Nachfolgers für den gesperrten Präsidenten will die skandalerschütterte FIFA am Freitag den viel beschworenen Neuanfang starten.
Vor der Abstimmung mit den klaren Favoriten Scheich Salman bin Ibrahim al Chalifa und Gianni Infantino steht im Hallenstadion von Zürich aber noch die Entscheidung über die Annahme der umfangreichen Statuten-Reform an. «Wenn das Reformpaket nicht angenommen wird, ist egal, wer Präsident wird, der hätte dann einen Scherbenhaufen», warnte FIFA-Exekutivmitglied Wolfgang Niersbach vor einem Scheitern des Erneuerungsprojekts.
Nur mit der Trennung von politischer und ökonomischer Entscheidungsebene kann der Weltverband verhindern, dass die US-Justiz ihre Ermittlungen wegen der Korruptionsanschuldigungen intensiviert und sich die finanziell schwierige Situation der FIFA weiter verschärft.
Vor der Abstimmung der 207 wahlberechtigten FIFA-Mitgliedsländer über den neuen Präsidenten ging das Werben der Top-Kandidaten weiter. Nach Gerüchten über einen Wechsel des Südamerika-Blocks mit zehn Stimmen in das Lager von Scheich Salman, versicherte CONMEBOL-Präsident Alejandro Dominguez die Zusage an Infantino.
Der UEFA-Generalsekretär kann auch auf praktisch alle Stimmen aus Europa bauen. Scheich Salman soll neben den 44 Asien-Stimmen auch den Grossteil der Afrikaner (54) hinter sich wissen.
Erstmals in der 112-jährigen FIFA-Geschichte treten gleich fünf Kandidaten zur Präsidentenwahl an. Der Jordanier Prinz Ali bin al-Hussein, Jérôme Champagne aus Frankreich und der Südafrikaner Tokyo Sexwale haben aber keine realistische Chance.
Bekommt kein Kandidat im ersten Wahlgang die dann nötige Zwei-Drittel-Mehrheit (138 Stimmen) würden erstmals seit 1974 wieder zwei Wahlgänge abgehalten. Blatter hatte bei seinen fünf Wahlsiegen seit 1998 nie eine extra Runde absolvieren müssen. Im zweiten Wahlgang reicht die Mehrheit der gültigen Stimmen (104) zum Sieg.
Blatter, der nun vor dem CAS gegen seine Sperre von sechs Jahren wegen Ethikvergehen vorgehen will, hatte den Weg für einen Neuanfang mit seiner Rücktrittsankündigung am 2. Juni 2015 freigemacht. Zu diesem Schritt war er aber erst durch die Ermittlungen der US-Justiz wegen Korruption und Vetternwirtschaft in der Funktionärs-Welt gedrängt worden. Der 79-jährige Walliser hatte gehofft, sich auf dem ausserordentlichen Kongress von den Delegierten umjubelt in den Funktionärsruhestand verabschieden zu können. Stattdessen hat er Hausverbot.