Mit legalen Tricks haben Konzerne wie Apple und Starbucks in der Vergangenheit Steuern in Milliardenhöhe gespart. Nun will die OECD die Steuervermeidung auf ein erträgliches Mass reduzieren. Am Montag stellte sie die 15 Massnahmen ihres Projekts vor.
Die OECD schätzt, dass den Staaten durch die Steuervermeidung von Konzernen jährlich 100 bis 240 Milliarden Dollar an Einnahmen entgehen. Mit der am Montag präsentierten Steuerinitiative haben sich die grossen Industrie- und Schwellenländer nach jahrelangen Beratungen auf einen Aktionsplan gegen Gewinnverschiebung und -verkürzung geeinigt.
Das vorgestellte Projekt habe letztlich «den Tod der Briefkastenfirmen» zum Ziel, hiess es in der OECD. Ziel der Initiative ist, dass jeder Unternehmensgewinn einmal nach üblichen Massstäben versteuert wird. Es soll also sowohl eine Doppelbesteuerung als auch eine «Doppelt-Nicht-Besteuerung» von Konzernen vermieden werden. Die Staaten sollen nicht länger in einen ruinösen Steuerwettbewerb gezwungen werden können.
Unter anderem will der 15-Punkte-Plan sicherstellen, dass Konzerntöchter ihre Gewinne nicht mehr als überhöhte Zinsen für einen Kredit der Konzern-Mutter ins steuergünstigere Ausland verschieben können. Und für die Preise, die sich Konzernteile gegenseitig in Rechnung stellen, sollen künftig die Preise massgeblich sein, die ein Dritter bezahlen müsste.
Steuern dort bezahlen, wo sie auch erwirtschaftet werden
Ins Visier nimmt die OECD aber auch Steuerkonstrukte, die darauf abzielen, dass keine klare Betriebsstätte mehr erkennbar ist – und damit kein Ansatzpunkt für eine Besteuerung. Das Problem der Betriebsstätte tritt zum Beispiel bei Online-Händlern auf, die in einem Land nur ein Versandlager betreiben. Weiter soll auch der Informationsaustausch zwischen den Ländern verbessert werden.
Die zentralen Elemente des Plans sollen bis 2017 in Kraft sein. Der OECD zufolge haben sich bisher 62 Staaten hinter den Aktionsplan gestellt. Zusammen repräsentieren sie 98 Prozent des Welt-BIP. Die Schweiz beteiligt sich auch am Plan, obwohl der Kompromiss bedeutende Folgen für den steuergünstigen Standort Schweiz hat.
Wie René Matteotti, Professor für schweizerisches, europäisches und internationales Steuerrecht, gegenüber der NZZ erklärte, dürfte die Schweiz kurzfristig Steuersubstrat verlieren. Längerfristig böten sich für den Standort aber auch Chancen, vermehrt Konzerne mit hoher Wertschöpfung anzuziehen.
Finanzdirektorin Eva Herzog sieht sich auf Kurs
Unvorbereitet treffen die Massnahmen die Schweiz nicht: Im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III will die Schweiz bereits die Holdingbesteuerung abschaffen und die sogenannten Patentboxen (auch Lizenzbox genannt) einführen. Diese ermöglichen, dass Erträge aus Forschung und Entwicklung niedriger besteuert werden. Um von der Patentbox profitieren zu können, werden die Unternehmen belegen müssen, dass sie vor Ort auch wirklich forschen und entwickeln.
Die Unternehmenssteuerreform III wird das Schweizer Steuersystem nachhaltig prägen. Wieso, wie und warum am stärksten wohl Basel-Stadt betroffen sein wird, hat die TagesWoche im Juni 2015 skizziert: Die Schlacht um die Steuerrabatte
Betroffen ist davon natürlich auch der Pharma-Standort Basel. Basel-Stadt sieht sich nach einer ersten Einschätzung der OECD-Beschlüsse bestätigt im Kurs: «Ich habe nichts Überraschendes oder Schockierendes entdeckt. Die wesentlichen Massnahmen, welche die OECD umsetzen will, sind in der Unternehmenssteuerreform III bereits berücksichtigt», sagte die Basler Finanzdirektorin Eva Herzog gegenüber der «Basler Zeitung». Sie sei «eher positiv» gestimmt: Nun habe man Planungssicherheit und könne sich an die Umsetzung machen.
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Die 15 Massnahmen in der Übersicht bei der NZZ.