Unerwartet hat die schon 14-jährige Schneeleopardin Dshamilja im Zoo Zürich Anfang Mai nochmals Junge bekommen – als vermutliches «Schlussbouquet» gleich Zwillinge, wie Kuratorin Claudia Galeffi am Mittwoch vor den Medien sagte. Das Duo erkundet neugierig die Anlage.
Auf halber Höhe am Hang hockt Okara und kaut hingebungsvoll an einem grossen Fleischstück. Ihre Schwester Orya hat sich hinter ein Felsstück verzogen und wartet erst mal ab. Ganz oben liegt Mama Dshamilja an ihrem Lieblingsplatz, einem Felsband, von wo sie den perfekten Überblick hat.
Papa Villy habe sich versteckt, sagt Galeffi, vielleicht komme der 11-Jährige später doch noch hervor. Wie aufs Stichwort wandert Sekunden später der prächtige Schneeleopard in die Szenerie, dreht gelassen und fotogen eine Runde und verschwindet wieder aus dem Bild.
Die Zwillinge sehen sich zwar sehr ähnlich, haben aber ganz unterschiedliche Charaktere, sagt Galeffi: Okara ist die Draufgängerin, Orya die Schüchterne. Bloss wenn sie zusammen spielten, seien die beiden genau gleich übermütig. Dann schleichen sie sich an, hüpfen hoch in die Luft, jagen und fangen einander, balgen sich und purzeln über den Hang.
In der Wilderer-Falle
Ihre Mutter Dshamilja stammt aus Kirgistan. Sie ist eines der letzten wild gefangenen Tiere im Zoo, wie Direktor Alex Rübel erklärt. Früher habe man das bedenkenlos getan, seit etwa den 1930er Jahren habe sich das aber stark verändert.
Als Jungtier war Dshamilja von Wilderern gefangen worden. Damals erlitt sie eine schwere Fussverletzung, die sie bis heute hinken lässt. Von Wildhütern beschlagnahmt, kam das Tier dann erst in einen deutschen Wildpark und 2006 nach Zürich. Trotz mehrerer Operationen konnten die Tierärzte den Fuss nie mehr ganz hinkriegen.
Mit 14 Jahren sei die Schneeleopardin eigentlich zu alt für Nachwuchs, sagte Galeffi. Ihr sechster sei denn auch ihr wohl letzter Wurf.
Noch etwa 5000 Tiere
Schneeleoparden haben ihr natürliches Verbreitungsgebiet im zentralasiatischen Hochland. Sie gelten als stark gefährdet. Lebensraumzerstörung und Wilderei – die Nachfrage nach Fell, Knochen und anderen Körperteilen der Tiere ist gross – haben die Population in den letzten 16 Jahren um mindestens 20 Prozent dezimiert, so Rübel. In der Wildnis leben schätzungsweise noch rund 5000 Tiere.
In europäischen Zoos leben etwa 200 Schneeleoparden und im Rahmen eines europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP) gezüchtet. Auch Okara und Orya bleiben nur etwa zwei Jahre im Zoo Zürich. Dann werden sie je nach EEP-Empfehlung in einen anderen Zoo zügeln.