Die Truppen Frankreichs und Malis scheinen auf ihrem Vormarsch einen weiteren Erfolg erzielt zu haben: Die alliierten Streitkräfte nahmen am Montag offenbar die historischen Wüstenstadt Timbuktu in Nordmali ein.
Sie stiessen dabei nach eigenen Angaben kaum auf Widerstand der Dschihadisten. Die Regierungen Frankreichs und Malis teilten mit, Timbuktu und der Flughafen seien unter der Kontrolle ihrer Soldaten.
Mit der Eroberung Timbuktus hätten die Streitkräfte die Kontrolle über die Nigerschleife – das Gebiet entlang des Nigerflusses zwischen Gao und Timbuktu – erlangt. Damit schienen die Dschihadisten von den drei grossen Städten, die sie im vergangenen Jahr überrannt hatten, nur noch Kidal zu kontrollieren.
Am Abend meldeten Tuareg-Rebellen der säkularen Nationalen Bewegung für die Befreiung von Azawad (MNLA) sowie islamistische Tuareg der Islamischen Bewegung für Azawad (MIA), die sich vergangene Woche von der Gruppe Ansar Dine abspalteten, sie hätten die Kontrolle über Kidal übernommen. Sie seien bereit, die französischen Soldaten in ihrem Kampf gegen Ansar Dine und andere Dschihadisten-Gruppen zu unterstützen.
Ein Kommandant der säkularen Tuareg-Separatisten der MNLA sagte, die Dschihadisten versteckten sich in den Bergen von Tidmane und Tigharghar. Die Meldung über Kidal konnte nicht von unabhängiger Seite bestätigt werden.
Mali vor Guerillakrieg?
Der schnelle Vormarsch ist auch dem Zurückweichen der Islamisten zu verdanken. Bereits die Stadt Gao hatten die Dschihadisten am Samstag nach Darstellung der malischen Armee kampflos aufgegeben.
Die Eroberung Timbuktus schien aber noch nicht abgeschlossen. Gemäss dem malischen Präsidentenbüro durchkämmten Soldaten die Stadt auf der Suche nach untergetauchten Dschihadisten.
Laut einem malischen Offizier drangen die Einheiten noch nicht ins Stadtzentrum vor. Timbuktu besteht aus einem Labyrinth aus engen Gassen, alten Moscheen und Lehmziegelhäusern, was ein Vorrücken erschwert. „Wir müssen extrem vorsichtig sein“, sagte ein Sprecher der französischen Streitkräfte.
Frankreichs Aussennminister Laurent Fabius warnte vor einer Rückkehr der Dschihadisten. Die Terrorgruppen verfolgten die Strategie des Rückzugs, um wieder zurückkehren zu können, sagte er.
Siegessicher zeigte sich der französische Präsident François Hollande: Die Soldaten seines Landes würden die „terroristische Offensive“ stoppen und mit Hilfe der Malier die Städte zurückerobern. Es sei dann Sache afrikanischer Truppen, die Macht der Aufständischen zu brechen.
Frankreich hat 2900 Soldaten in Mali stationiert, hinzu kommen 2700 Mitglieder afrikanischer Truppen in Mali und Niger. Am Montag trafen in Dakar in Senegal hunderte französische Soldaten zur Verstärkung ein. Die westafrikanische Staatengemeinschaft ECOWAS sowie der Tschad wollen ebenfalls Soldaten entsenden.
Ein Experte warnte, der Rückzug der Dschihadisten könne auch der Auftakt zu einem Guerillakrieg sein. Der schnelle Vorstoss sei „kein Grund zum Feiern, sondern zur Sorge“, sagte der nigerianisch- britische Politologe Oladayo Bello der Nachrichtenagentur dpa und verwies auf Afghanistan. Die Taliban hätte sich zurückgezogen, „weil sie wussten, dass sie zu einem konventionellen Krieg nicht fähig waren“.
Wertvolle Handschriften zerstört
Vor ihrer Flucht aus Timbuktu zündeten die Dschihadisten ein Gebäude mit antiken Manuskripten an. Es handle sich um das Ahmed-Baba-Zentrum, erklärte der in die Hauptstadt Bamako geflohene Bürgermeister Halley Ousmane. Sicherheits- und Armeekreise bestätigten die Brandstiftung.
Offenbar wurde ein Gebäude angezündet, in dem 20’000 Manuskripte gelagert waren. Wie gross der Schaden ist, liess sich zunächst nicht abschätzen. Laut dem Kulturministerium wurden in dem Zentrum bis zu 100’000 Manuskripte aus der antiken muslimischen Welt und Griechenland aufbewahrt.
Timbuktu liegt rund 700 Kilometer nordöstlich von Bamako. Neben drei grossen Moscheen gibt es in der historischen Wüstenstadt jahrhundertealte Friedhöfe und Mausoleen. Seit 1988 zählen sie zum Weltkulturerbe der UNESCO. 2012 zerstörten die Dschihadisten mehrere Heiligengräber.