Schulz soll gegen Kanzlerin Merkel antreten

Paukenschlag bei den deutschen Sozialdemokraten: Martin Schulz fordert Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der Bundestagswahl im September heraus. Parteichef Sigmar Gabriel erklärte am Dienstag unerwartet seinen Verzicht auf den Posten.

Sigmar Gabriel verzichtet auf eine Kanzlerkandidatur. (Bild: sda)

Paukenschlag bei den deutschen Sozialdemokraten: Martin Schulz fordert Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der Bundestagswahl im September heraus. Parteichef Sigmar Gabriel erklärte am Dienstag unerwartet seinen Verzicht auf den Posten.

Der bisherige EU-Parlamentspräsident Schulz soll auch den SPD-Parteivorsitz übernehmen. Gabriel selbst will Aussenminister werden.

Gabriel erläuterte seinen Entschluss zu Kanzlerkandidatur und Parteivorsitz am Nachmittag in einer Fraktionssitzung den SPD-Abgeordneten. Etwa zeitgleich veröffentlichten der «Stern» und die «Zeit» Interviews mit Gabriel, in denen er seinen Entschluss ebenfalls erklärte.

Demnach ist Gabriel der Meinung, dass Schulz bessere Aussichten auf einen Wahlerfolg gegen Merkel hat. «Wenn ich jetzt anträte, würde ich scheitern und mit mir die SPD», sagte Gabriel dem «Stern». Schulz habe «die eindeutig besseren Wahlchancen».

In der Fraktion sagte Gabriel laut Teilnehmern, nach Umfragen wollten die Menschen keine Fortsetzung der grossen Koalition von SPD und CDU, für die er jedoch in den Köpfen der Bevölkerung stehe. Für die SPD endet mit der Entscheidung Gabriels eine Monate währende Hängepartie. Noch Anfang Januar rechneten Insider mit einer Kandidatur Gabriels.

Applaus in SPD-Fraktion

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig begrüsste die Entscheidungen in ihrer Partei zu Kanzlerkandidatur und Parteivorsitz. Es sei ein «sehr guter Vorschlag» von Gabriel, Schulz zum Kanzlerkandidaten und Parteichef zu machen, schrieb die Familienministerin im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Auch der Chef der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, würdigte die Entscheidung. «Dass er eigene Interessen zurückgestellt hat, um bessere Erfolgschancen für die SPD zu bekommen, verdient allergrössten Respekt», sagte Oppermann und spiegelte damit die Meinung führender Parteimitglieder. Auf Gabriels Erklärung habe die Fraktion mit «lang anhaltendem Beifall» geantwortet.

CDU/CSU demonstrativ gelassen

CDU und CSU reagierten demonstrativ gelassen auf die Ankündigung Gabriels. «Gabriel hinterlässt einen Trümmerhaufen und der Kandidat Schulz ist das letzte Aufgebot», sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer in Berlin.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte, man sei sehr gelassen, weil die Union «die besseren Argumente, die bessere Politik und die besseren Kandidaten» habe«. Er freue sich auf einen »fairen Wahlkampf“.

Der CDU/CSU-Fraktionsvize Michael Fuchs gab sich siegesgewiss: er gehe davon aus, «dass auch Herr Schulz zweiter Sieger bleibt – wie die drei Vorgänger».

Skeptisch äusserte sich die Linken-Parteichefin Katja Kipping: «Ob Martin Schulz ein Zeichen für einen fortschrittlichen Politikwechsel wird, ist unbestimmt.» Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt erklärt über Twitter: «Ich habe grossen Respekt vor der Entscheidung von @sigmargabriel. Aber er ist auch nicht weg».

Aussenministerium als Ziel

Gabriel will auch das Amt des Wirtschaftministers abgeben und dafür Amt des Aussenministers von Frank-Walter Steinmeier übernehmen, dem designierten Bundespräsidenten, wie er in Interviews sagte. Aus SPD-Parteikreisen hiess es, als Nachfolgerin im Wirtschaftsministerium sei Brigitte Zypries im Gespräch. Die 63-Jährige ist derzeit Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium.

Die SPD-Fraktion kommt am Mittwoch um 12.00 Uhr zu einer Sondersitzung zusammen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Dann werde sich Schulz den Abgeordneten vorstellen, sagte Oppermann. In SPD-Kreisen hiess es, Schulz solle auf einem Sonderparteitag voraussichtlich kommenden Monat zum Parteichef gewählt werden. Dafür werde der für Mai geplante reguläre Parteitag vorverlegt.

Die Bundestagswahl findet am 24. September statt. In Umfragen liegt die SPD weit hinter Merkels deutschen Christdemokraten.

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