Auf der italienischen Insel Giglio hat am Montag die Gedenkfeier für die 32 Todesopfer des «Costa Concordia»-Unglücks vor genau zwei Jahren stattgefunden. An der Messe nahmen Angehörige der Opfer und viele Überlebende der Unglücksnacht teil.
Die Mittelmeerinsel Giglio war Schauplatz der Havarie. Bischof Guglielmo Borghetti leitete die Messe in der Kirche, in der während der Unglücksnacht zahlreiche Schiffbrüchige Zuflucht gefunden hatten. Unter den Besuchern der Messe waren der Zivilschutzchef und der Staatsanwalt von Grosseto, der die Ermittlungen führt.
Zu Ehren der Opfer wurde ein Kranz ins Meer geworfen. Die Gedenkfeierlichkeiten werden am späten Abend fortgesetzt.
69 Schweizer an Bord
Das mit 4200 Passagieren – darunter auch 69 Schweizerinnen und Schweizer – besetzte Schiff war am 13. Januar 2012 vor Giglio auf einen Felsen aufgelaufen und binnen Stunden gesunken. Nach dem Unglück war heftige Kritik an der Betreibergesellschaft und am Kapitän laut geworden.
Das Schiff sei viel zu spät evakuiert worden, der Kapitän Francesco Schettino zu früh von Bord gegangen und habe Hunderte Passagiere im Stich gelassen, hiess es. Ihm drohen wegen fahrlässiger Tötung 20 Jahre Haft, der Prozess gegen ihn läuft in der toskanischen Stadt Grosseto.
Nur noch Schettino angeklagt
Schetttino ist der einzige noch verbliebene Angeklagte. Vier mitbeschuldigte Besatzungsmitglieder und der oberste Krisenmanager der Reederei Costa Crociere sind bereits zu Haftstrafen zwischen 18 und 34 Monaten verurteilt worden.
Die Reederei hatte lediglich eingeschränkte Verantwortung für das Unglück übernommen. Am Ende musste Europas grösster Kreuzfahrtanbieter eine Million Euro Strafe zahlen, was viele Hinterbliebene als eine zu geringe Busse kritisieren.
Die «Costa Concordia», die im September im Rahmen einer spektakulären Bergungsaktion aufgerichtet wurde, soll voraussichtlich im Juni weggeschleppt werden.
In Grosseto war zwar am zweiten Jahrestag des Unglücks ein weiterer Verfahrenstermin mit Zeugenaussagen angesetzt. Er wurde jedoch wegen eines erneuten mehrtägigen Anwaltsstreiks auf den 27. Januar vertagt.
Schettino in «tiefer Trauer»
Anlässlich des zweiten Jahrestages der Havarie hat der Kapitän des Kreuzfahrtschiffs am Montag von «tiefer Trauer» und «unauslöschbarem Schmerz» gesprochen, die er empfinde.
«Ich bin den Angehörigen der Opfer nahe», sagte Schettino. Beim Prozess gegen den Kapitän in Grosseto wurde eine Schweigeminute abgehalten.
Schettinos Verteidiger waren wegen eines mehrtägigen Streiks der italienischen Rechtsanwälte nicht bei der Verhandlung anwesend. Überlebende Passagiere und ihre Anwälte beteiligten sich an einer Kundgebung vor dem Theater, in dem der Prozess stattfindet. Damit wollten sie an die Tragödie erinnern.
Kapitän will Buch veröffentlichen
In einem Interview mit der französischen Tageszeitung «Le Figaro» betonte Schettino, dass er in den ersten Monaten nach dem Unglück einen riesigen Schmerz empfunden habe. «Danach habe ich versucht, zu erklären, was in dieser Nacht geschehen ist, und dem Ganzen einen Sinn zu geben», erklärte der Kapitän.
Er bemängelte, dass die Medien die Fakten jener Nacht verzerrt hätten. Daher habe er begonnen, ein Buch über das Unglück zu schreiben.
Schettino machte seine Offiziere für die Havarie verantwortlich. «Ich werfe mir vor, dass ich meinen Offiziere Aufträge erteilt habe, denen sie nicht gewachsen waren», sagte der Süditaliener.
Die Offiziere hätten ihn informiert, was an Bord der «Costa Concordia» wirklich geschah. Der Kapitän zeigte sich zuversichtlich, dass er vor Gericht seine Unschuld beweisen werde.