Die Schweiz ist nach heutigem Kenntnisstand vom Pferdefleisch-Skandal nicht betroffen. Gegenwärtig werden in mehreren Kantonen zusätzliche Kontrollen bei Fleischerzeugnissen durchgeführt.
Die Schweizer Behörden würden von der EU aktiv informiert, falls problematische Lieferungen in der Schweiz auf den Markt gelangt wären, schreibt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) in einer Stellungnahme. Die EU verfügt mit dem „Rapid Alert System of Food and Feed“ (RASFF) über ein europaweites Schnellwarnsystem vor auffälligen Lebensmitteln und behördlich angeordneten Lebensmittel-Rückrufen.
Für die Überwachung von Fleischerzeugnissen sind in der Schweiz die kantonalen Laboratorien zuständig. Fleischerzeugnisse werden von diesen routinemässig auf Tierarten untersucht. Derzeit würden in mehreren Kantonen zusätzliche Kontrollen durchgeführt, schreibt das BAG. Der Handel sei ebenfalls verpflichtet, seine Produkte zu untersuchen.
Im Rahmen dieser Selbstkontrolle hat der Grossverteiler Coop eine Lasagne seiner Eigenmarke für Abklärungen aus dem Regal genommen. Aufgrund der jüngsten Ereignisse habe Coop eine Untersuchung des Produkts veranlasst und dieses „vorsichtshalber aus dem Sortiment genommen“, sagte Coop-Sprecher Urs Meier auf Anfrage.
Migros-Lasagne mit Schweizer Rindfleisch
Der Detailhändler Migros sieht keine Veranlassung, wegen des Pferdefleisch-Skandals Produkte aus dem Sortiment zu nehmen. Migros importiere keine Lasagne, sondern stelle sie selber her, sagte Sprecherin Monika Weibel am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.
Dafür würden ausschliesslich Schweizer Rindfleisch verwendet. Ausnahme sind laut Weibel die M-Budget-Lasagnen: Die Frischlinie werde mit Schweinefleisch hergestellt, für die Tiefkühl-Lasagne werde auch ausländisches Rindfleisch verwendet.
Dieses werde aber von Partnern des Migros-Fleischverarbeiters Micarna am Stück und nicht als Hackfleisch angeliefert. Eine Täuschung wäre laut Weibel schon aus diesem Grund ausgeschlossen. Trotzdem sind nach Angaben der Sprecherin alle Lieferungen nach Bekanntwerden der Falschdeklarationen noch einmal im Labor untersucht worden.
Fleisch-Skandal ausgeweitet
Nachdem in Grossbritannien und Irland vor rund einem Monat Spuren von Pferdefleisch in Hamburgern nachgewiesen worden waren, weitete sich der Skandal um falsch deklarierte Fleischprodukte vergangene Woche auf die ganze Europäische Union aus. Tests wiesen in als Rindfleisch-Lasagne ausgewiesenen Produkten einen Pferdefleisch-Anteil von bis zu 100 Prozent nach.
Spuren führten zur französischen Herstellerfirma Comigel. Comigel sieht sich selber als Opfer des Lebensmittelskandals und verweist auf weitere Firmen in der langen Produktionskette.
SKS: Schweiz „keine Insel“
Aus Sicht der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) zeigt der aktuelle Fall, dass die Verarbeitungswege äusserst komplex geworden sind und die Bestimmungen leicht umgangen werden können, wie sie am Dienstag mitteilte. Weil die Schweizer Lebensmittelgesetzgebung weitgehend jener der EU gleiche, sei die Schweiz diesbezüglich „keine Insel“.
Die Revision des Lebensmittelgeschäfts, die derzeit im Parlament hängig ist, dient der weiteren Angleichung von Schweizer Recht und europäischem Recht. Nach dem Willen der nationalrätlichen Gesundheitskommission soll bei stark verarbeiteten Produkten die Pflicht zur Deklaration des Produktionslandes wegfallen. Für die SKS ist dies angesichts des Pferdefleischbetrugs der „falsche Weg“.