Bundesrätin Doris Leuthard und der deutsche Verkehrsminister Peter Ramsauer haben sich auf die Grundzüge einer Lösung im Fluglärmstreit verständigt. Sie haben am WEF in Davos eine Absichtserklärung unterzeichnet. Ein Staatsvertrag soll bis im Sommer vorliegen.
Die vereinbarten Eckwerte sehen eine Reduktion der Anzahl Anflüge über süddeutsches Gebiet vor. „Wir haben noch keine Zahl“, betonte Leuthard am Samstag vor der Presse in Davos. Diese werde erst im Zug eines Gesamtpakets festgelegt.
Für dieses Zugeständnis der Schweiz sollen mehr Anflüge über Deutschland in den Morgen- und Abendstunden möglich sein. „Wir möchten Deutschland lärmfreie Zeiten geben, möchten für den Flughafen am Morgen und am Abend aber mehr Flexibilität“, sagte Leuthard.
Beide Verkehrsminister setzen ihre Hoffnungen zudem in die technische Entwicklung: Sollte der Fluglärm über Deutschland aus diesem Grund abnehmen, kann die Anzahl der Flüge wieder erhöht werden. Neben weiteren Punkten sieht die Absichtserklärung vor, dass eine gemeinsame Luftverkehrskommission eingerichtet werden soll, welche die Anwendung und Auslegung eines Staatsvertrags überwacht.
Beide müssen Konzessionen machen
Leuthard gestand ein, dass die Schweiz bei der Zahl der Anflüge schlechter dastehen könnte als mit dem 2002 gescheiterten Staatsvertrag. Dies wäre dann der Fall, wenn weniger als 100’000 Anflüge über Süddeutschland erlaubt wären.
Sie warb aber dafür, den angestrebten Vertrag als Gesamtpaket zu betrachten. „Beide Seiten müssen Konzessionen machen, das ist nicht anders möglich“, sagte sie. Der Lösungsansatz bringe aber für beide Seiten auch Vorteile.
Leuthard erinnerte daran, dass Deutschland eine weitere Verschärfung der einseitigen Verordnung plane, welche die Zahl der Nordanflüge beschränkt. Diese Gefahr wäre mit einem Staatsvertrag abgewendet.
Laut Leuthard könnte der der Vertrag auf 2014 in Kraft gesetzt werden, „wenn alles gut geht“. Es wäre das Ende des Fluglärmstreits, der zwischen Deutschland und der Schweiz seit Jahrzehnten schwelt.
Langjähriger Streit
Während langer Zeit hatten die meisten Flugzeuge den Flughafen Zürich-Kloten über süddeutsches Gebiet angeflogen. Ein 2001 ausgehandelter Staatsvertrag, der die lärmgeplagte Bevölkerung im Landkreis Waldshut entlasten sollte, scheiterte am Widerstand des Schweizer Parlaments.
2003 setzte Deutschland einseitig eine Verordnung in Kraft, welche die Zahl der An- und Abflüge über Süddeutschland stark beschränkte und das Nachtflugverbot ausweitete.
In der Folge nahmen die Flugbewegung über dicht besiedeltem Schweizer Gebiet stark zu. Hunderttausende Menschen in den Kantonen Zürich und Aargau sowie in der Ostschweiz leiden seither unter dem Lärm der an- und abfliegenden Flugzeuge.