Schweizer 20 Jahre nach der Abstimmung immer noch gegen EWR

Auch 20 Jahre nach der Abstimmung über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) stehen die Schweizer einem Beitritt mehrheitlich ablehnend gegenüber. 54 Prozent schätzen das damalige Abstimmungsresultat in einer Umfrage positiv ein.

Die EWR-Ablehnung ist geblieben: Szene aus dem Abstimmungskampf von 1992 (Archiv) (Bild: sda)

Auch 20 Jahre nach der Abstimmung über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) stehen die Schweizer einem Beitritt mehrheitlich ablehnend gegenüber. 54 Prozent schätzen das damalige Abstimmungsresultat in einer Umfrage positiv ein.

Nur 23 Prozent finden es schlecht, dass die Schweiz gegen den Beitritt zum EWR gestimmt hat, wie eine am Freitag publizierte Umfrage des Forschungsinstituts gfs.bern im Auftrag der SRG zeigt. Damit ist die Ablehnung des Vertrags klarer als bei der Abstimmung am 6. Dezember 1992. Damals wurde der Vertrag von 50,3 Prozent der Stimmbürger verworfen.

FDP-Wählerschaft hat Meinung geändert

Verschoben haben sich die Positionen zum EWR vor allem in der Mitte des politischen Spektrums: 1992 hatten die FDP-Wähler laut Vox-Analyse einem Beitritt mehrheitlich zugestimmt. Heute finden 52 Prozent von ihnen die damalige Ablehnung richtig. Die CVP-Wähler schwenkten ebenfalls ins Nein-Lager um, allerdings standen sie dem EWR-Beitritt bereits vor zwanzig Jahren relativ kritisch gegenüber.

Auch links der Mitte nahm die Skepsis zu. 1992 hatte nicht einmal ein Drittel der SP-Wähler ein Nein in die Urne gelegt. Heute beurteilen 41 Prozent von ihnen die Ablehnung positiv.

CVP-Präsident Christophe Darbellay hatte jüngst den EWR wieder ins Gespräch gebracht. Er forderte eine neue Debatte über den Vertrag. Im Gegenzug soll der Bundesrat das EU-Beitrittsgesuch zurückziehen.

Extremlösungen in der Europapolitik sind für die Stimmbürger gegenwärtig keine Option. Nur 6 Prozent der Umfrageteilnehmer sehen einen Beitritt zur EU als Priorität. Auf der anderen Seite steht ein Alleingang nur für 10 Prozent im Vordergrund.

Zustimmung zum bilateralen Weg

Als Königsweg gilt weiterhin der bilaterale Weg: 62 Prozent der Befragten stehen hinter den bilateralen Verträgen. Auch die Personenfreizügigkeit beurteilen 60 Prozent als positiv. Die auf den ersten Blick grosse Unterstützung ist allerdings trügerisch: Die Auswirkungen der Zuwanderung machen den Schweizern zunehmend Sorgen.

So sind 62 Prozent der Ansicht, die Zuwanderung sei für die steigenden Mieten und Bodenpreise verantwortlich. Entsprechend steht eine deutliche Mehrheit hinter dem Entscheid des Bundesrats vom Juni, die so genannte Ventilklausel des Freizügigkeitsabkommens anzurufen: Fast drei Viertel der Befragten befürworten dies. gfs.bern schliesst daraus, dass ohne flankierende Massnahmen die Unterstützung für die Bilateralen langfristig nicht gesichert sei.

Hinsichtlich der weiteren Entwicklung der Beziehungen zur EU sind die Meinungen gespalten. Die Forderung der EU, dass die Schweiz künftig automatisch EU-Recht übernehmen soll, wird in der Umfrage äusserst kontrovers beurteilt.

41 Prozent finden, dass die Schweiz lieber die Abschottung vom EU-Binnenmarkt in Kauf nehmen sollte als einen Verlust an Souveränität. Demgegenüber sind 43 Prozent der Ansicht, dass die wirtschaftlichen Vorteile die Nachteile überwiegen.

Im Auftrag der SRG befragte gfs.bern zwischen 16. und 23. November 1206 Stimmberechtigte in den drei Sprachregionen. Der statistische Fehlerbereich beträgt bei der gesamten Stichprobe 2,9 Prozent.

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