Die Armeereform hat die erste Hürde genommen: Der Ständerat hiess das Projekt mit 32 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung gut. Die Armee soll kleiner werden, aber voll ausgerüstet und rasch mobilisierbar sein.
Die Eckwerte hatte das Parlament schon früher beschlossen: Die Armee soll im Jahr höchstens 5 Milliarden Franken kosten und auf 100’000 Mann verkleinert werden. Der Effektivbestand, der Ausfälle aus gesundheitlichen oder beruflichen Gründen berücksichtigt, läge bei 140’000 Mann. Heute liegt der Sollbestand bei 200’000, davon 120’000 Aktive und 80’000 Reserve.
Der Ständerat will an den früheren Besclüssen nicht mehr rütteln. Peter Föhn (SVP/SZ) wollte einen Sollbestand von 140’000 beantragen, zog den chancenlosen Antrag aber am Ende zurück. Stattdessen will er nun mit einem Vorstoss in Erfahrung bringen, wie rasch der Bestand im Notfall erhöht werden könnte.
Die Sicherheitslage habe sich in den letzten Jahren verschlechtert, argumentierte Föhn. Bei den Terroranschlägen in Paris seien über 80’000 Sicherheitskräfte im Einsatz gestanden. Dies entspreche schon fast der ganzen Schweizer Armee. Angesichts der Bedrohungen wäre es verantwortungslos, nicht die notwendigen Vorkehrungen zu treffen.
Quer in der Landschaft
Alex Kuprecht (SVP/SZ) sprach sich im Namen der Sicherheitspolitischen Kommission (SiK) gegen einen höheren Sollbestand aus. Der Antrag stehe «quer in der Landschaft», stellte er fest. Mit einem Sollbestand von 140’000 Mann würde die Armee nämlich nicht verkleinert, sondern gegenüber heute leicht vergrössert. Ausserdem würde die Armee dann 6 Milliarden Franken kosten. Dies sei nicht realistisch.
Verteidigungsminister Ueli Maurer betonte, die Armee werde zwar kleiner, könne aber dank des geplanten Mobilmachungssystems wieder rasch aufgeboten werden. Ausserdem werde sie vollständig ausgerüstet sein. Die Schlagkraft der Armee werde in jedem Fall grösser sein als heute. Die Verkleinerung der Armee ist auch mit der Schliessung von Waffenplätzen, Flugplätzen und Führungsanlagen verbunden.
Anders als der Bundesrat will der Ständerat den Sollbestand nicht im Gesetz verankern, sondern in einer Parlamentsverordnung. Sollte der Nationalrat dem Ständerat folgen, wäre die Grösse der Armee nicht Gegenstand einer möglichen Referendumsabstimmung. Bei der letzten Armeereform – der Armee XXI – sei genau dies kritisiert worden, stellte Maurer fest.
Dreiwöchige Wiederholungskurse
Leicht von der Linie des Bundesrates abgewichen ist der Ständerat auch bei den Diensttagen. Der Bundesrat schlägt vor, die Rekrutenschule von 21 auf 18 Wochen zu verkürzen. Ausserdem sollen die Wiederholungskurse gemäss der bundesrätlichen Botschaft in der Regel nur noch 2 Wochen dauern.
Der Ständerat ist mit einer kürzeren RS einverstanden, nicht aber mit kürzeren WKs. Nach seinem Willen sollen die Wiederholungskurse weiterhin drei Wochen dauern. Dafür sollen statt sechs nur noch fünf WKs absolviert werden müssen. Die Zahl der Diensttage beliefe sich mit dem Konzept des Ständerates auf rund 245, nach jenem des Bundesrates auf 225. Heute sind es 260 Diensttage.
Maurer sagte dazu, aus militärischer Sicht seien dreiwöchige Wiederholungskurse tatsächlich besser. Der Bundesrat habe sich mit Blick auf die Interessen der Wirtschaft für zwei Wochen entschieden.
Bis zum letzten Blutstropfen
Weiter möchte der Ständerat drei statt zwei mechanisierte Brigaden. Luc Recordon (Grüne/VD) kritisierte vergeblich, dies sei in der heutigen Bedrohungslage der falsche Ansatz. Maurer erwiderte, Panzerschlachten gehörten tatsächlich der Vergangenheit an, doch seien Panzer auch geschützte Informationsplattformen. Ausserdem würden alle Konflikte letztlich am Boden entschieden. Ob zwei oder drei Brigaden ist laut Maurer eine Frage der Organisation. An den Gesamtzahlen ändere sich nichts.
Eine weitere Änderung betrifft die Einsätze der Armee zur Unterstützung ziviler Behörden. Der Ständerat möchte unterstreichen, dass die Armee die zivilen Behörden im Inland nur dann unterstützt, wenn deren Mittel nicht mehr ausreichen. So steht es bereits heute im Gesetz. Der Bundesrat wollte die Bedingung im Zweckartikel nicht mehr ausdrücklich erwähnen, da das Subsidiaritätsprinzip an anderer Stelle verankert ist.
Kein Problem hat der Ständerat damit, dass die Armee weiterhin bei Sportanlässen zum Einsatz kommen soll. Umstritten war hingegen, ob die Armee das Land und seine Bevölkerung verteidigen soll oder das Land verteidigen und die Bevölkerung schützen. Roberto Zanetti (SP/SO) und Anita Fetz (SP/BS) plädierten für «schützen». Sonst stehe sie nicht mehr hinter dem Projekt, sagte Fetz. Maurer gab zu bedenken, «schützen» sei schwächer als «verteidigen», denn letzteres bedeute «bis zum letzten Blutstropfen». Dr Rat entschied sich für «verteidigen».