Die Grundsatzeinigung im Atomstreit mit dem Iran sorgt für Goldgräberstimmung bei der Wirtschaft. Auch aus der Schweiz reist im April eine Handelsdelegation in den Iran. Die frühere Botschafterin in Teheran, Livia Leu, spricht von einem «sehr interessanten Markt».
Das Potenzial für die Schweizer Wirtschaft im Iran sei schwierig zu beziffern, sagte Leu im Interview mit der «NZZ am Sonntag». Iran sei ein reiches Land mit grossen Bodenschätzen und 80 Millionen relativ gut situierten Einwohnern. «Die Wirtschaft ist noch stark staatlich geprägt und wegen der Sanktionen derzeit sicher noch nicht in Topform, so dass ein umso grösseres Entwicklungspotenzial besteht.»
Leu war von 2009 bis 2013 Botschafterin der Schweiz in Iran. Seither ist sie Delegierte für Handelsverträge beim Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und reist in dieser Funktion mit Schweizer Wirtschaftsführern in den Iran.
Die Schweiz sei gut positioniert für den Handel mit Iran, unter anderem wegen des guten Rufs des Landes und der Anerkennung für Schweizer Qualität, sagte sie weiter. Besondere Chancen sieht Leu im Infrastrukturbereich, wo es im Iran Nachholbedarf gebe, sowie beim grossen Konsumentenmarkt. Dort könne die Pharma- und Medizinalindustrie teilhaben.
Den Zeitpunkt für die Reise der Handelsdelegation hält Leu kurz nach dem Durchbruch bei den Verhandlungen um ein Atom-Abkommen für «sehr günstig». Die Reise vom 26. bis 29. April wird die erste derartige Reise aus der Schweiz seit zehn Jahren sein.
«Definitiv noch zu früh» sei es, über einen Freihandelsabkommen nachzudenken, sagte Leu auf eine entsprechende Frage. «Aber wenn die Sanktionen einmal definitiv und komplett weg sind – wer weiss?»