Der St. Galler Filmemacher Peter Liechti ist tot. Er starb am Freitag 63-jährig nach langer Krankheit in Zürich, wie die Promotionsgesellschaft SWISSFILMS am Montag mitteilte.
Die Solothurner Filmtage hatten Liechti Ende Januar mit einem Spezialprogramm „Rencontre“ gewürdigt, das er noch persönlich begleitete. Den Quartz für den besten Dokumentarfilm „Vaters Garten – Die Liebe meiner Eltern“ konnte der Filmemacher vor zwei Wochen schon nicht mehr selber entgegennehmen.
„Vaters Garten“ – eine Mischung aus Gesprächs-Doku und als „Hasentheater“ inszenierten Szenen – wurde unter anderem an der Berlinale, am Visions du Réel in Nyon, in Busan, Südkorea sowie mit dem Zürcher Filmpreis und dem Preis der Schweizer Filmkritik ausgezeichnet.
Liechtis vorletzter Film „The Sound of Insects – Record of a Mummy“, eine musikalisch-filmische Meditation über das Protokoll eines freiwilligen Hungertodes, war ähnlich erfolgreich und erhielt unter anderem den Europäischen Dokumentarfilmpreis. Liechti nannte das Werk „ein filmisches Manifest für das Leben – herausgefordert durch den radikalen Verzicht darauf“.
Roadmovie für Fussgänger
Eröffnet hatte die „Trias von Liechtis Meisterwerken“ („Neue Zürcher Zeitung“) 2003 „Hans im Glück“. Darin nimmt sich der Filmer vor, die Strecke von seinem Wohnort Zürich nach dem Ort seiner Kindheit, St. Gallen, auf verschiedenen Routen so oft abzuwandern, bis er sich das Rauchen abgewöhnt hat. Liechti widmete diese „Heimsuchung“, dieses „Roadmovie für Fussgänger“ allen „Rauchern und anderen Abhängigen, allen Pechvögeln und (trozdem) Anständig-Gebliebenen“.
Das Schweizer Fernsehen zeigt in den nächsten Tagen neben anderen Werken von und über Peter Liechti am Mittwoch, dem 9. April „The Sound of Insects“ im Rahmen der „CH:Filmszene“ und am Sonntag, dem 13. April „Hans im Glück“.
Klassiker der Kunstintervention
Peter Liechti wurde am 8. Januar 1951 in St. Gallen geboren. Nach der Matura startete er ein Medizinstudium, brach es aber bald ab zugunsten des Studiums an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich, das er mit dem Diplom für das Höhere Lehramt abschloss.
Neben dem Broterwerb als Zeichenlehrer entstanden ab Mitte der 80er Jahre erste experimentelle Filme, oft in Zusammenarbeit mit Künstlern. Allein bei fünf seiner rund 20 Filme kooperierte er mit Roman Signer.
„Signers Koffer“ war 1995 Liechtis erster abendfüllender Film. Darin folgte er dem Künstler quer durch Europa entlang der magischen aufgeladenen „Landschaftsrillen“. Die Stationen markierte Signer mit seinen „bestechend lapidaren“ Interventionen: synchron aus Fenstern fliegenden Tabourettli etwa oder – der Klassiker – die mit einer Feuerwerksrakete vom Kopf gezogene Mütze.
Posthumes Werk
Peter Liechti arbeitete bis zuletzt an einem neuen Werk mit dem Titel „Dedications“, einer „etappenartigen Krankheitsgeschichte, die mit allen Hochs und Tiefs des Spitalalltags ihren Lauf nimmt“, wie er auf seiner Homepage schreibt. „Dieser wird aber immer wieder vergessen und überflutet von einem unbändigen Erinnerungsstrom, Momenten wildestem Lebens und selbstvergessener Melancholie“.