Zehn Jahre nach dem Tsunami im indischen Ozean haben die meisten Menschen, denen mit Schweizer Spendengelder geholfen wurde, wieder eine ähnliche Lebensqualität wie vorher erreicht. Das zeigt eine Studie im Auftrag der Glückskette, welche in Bern vorgestellt wurde.
Wichtig für die Begünstigten seien vor allem die Häuser gewesen, welche mit den Glückskette-Geldern finanziert worden seien. Mit einem Dach über den Kopf hätten die Menschen schneller wieder eine Arbeit gefunden und ein normales Leben führen können, erklärte Adriaan Ferf von der belgischen Beratungsfirma Channel Research, welche die Studie durchführte.
Insgesamt hat die Glückskette den Bau von 23’000 Häusern finanziert. Möglich gemacht hatte dies die grösste und erfolgreichste Spendenaktion in der Geschichte der Glückskette. 227,7 Millionen Franken spendeten die Schweizerinnen und Schweizer für die Opfer des Tsunamis vom 26. Dezember 2004, wie die Glückskette mitteilte.
Ein Seebeben im indischen Ozean hatte damals zwei Sturmfluten ausgelöst, welche 215’000 Todesopfer forderten und die Küstenabschnitte in 13 Ländern verwüsteten. Fast eine halbe Million Häuser wurden zerstört.
Zehn Jahre danach hat die Glückskette eine Wirkungsanalyse in Auftrag gegeben, um den Einfluss der finanzierten Hilfsprojekte auf das Leben der Betroffenen zu untersuchen. Berücksichtigt wurden für der Studie 29 Projekte in Indien, Indonesien und Sri Lanka, die insgesamt 112 Millionen Franken gekostet hatten, wie Manolo Caviezel von der Glückskette sagte.
Ein Leben wie vor dem Tsunami
«Die humanitäre Hilfe, welche die Glückskette finanziert, zielt nicht unbedingt auf eine Verbesserung der Lage der Menschen», hielt Ferf vor den Medien fest. Das sei natürlich ein Plus, doch primär ginge es darum, den Menschen ein Leben wie vor dem Tsunami zu ermöglichen.
Dies sei grösstenteils gelungen: 87 Prozent der befragten Menschen gaben an, ihre Grundbedürfnisse wieder decken zu können. 13 Prozent bekundeten noch Schwierigkeiten. Die meisten Menschen hätten ihre alte Tätigkeit inzwischen wieder aufnehmen können und verdienten gleichviel oder sogar mehr als vor dem Tsunami. Allerdings seien auch die Ausgaben gestiegen.
Mit dem Bau von ähnlichen Häusern habe man versucht, die sozialen Ungleichheiten auszuebnen, so Ferf. Das sei im Anfangsstadium gelungen, nach zehn Jahren manifestierten sich die Unterschiede aber wieder mehr. Jene Menschen mit mehr Geld hätten beispielsweise ihre Häuser ausbauen und vergrössern können, die armen Leute jedoch nicht.
Arme bleiben arm
Den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben habe vor allem bei jenen Menschen funktioniert, die schon vorher in einem bestimmten Beruf gearbeitet hätten. Ungelernte in neuen Berufen zu schulen sei jedoch nicht besonders erfolgreich gewesen, führte Ferf aus. Die Einkommen von Menschen, die bereits vor dem Tsunami arm gewesen waren, hätten kaum erhöht werden können.
Ebenfalls nicht bewährt habe sich der Bau von Gemeinschaftszentren, Spielplätzen und Marktplätzen. Diese seien kaum genutzt worden
Ferf betonte immer wieder, wie komplex die Arbeit der Hilfsorganisationen sei, da viele äussere Faktoren ihre Arbeit bestimmten. So sei etwa in Sri Lanka der Bürgerkrieg während der Aufbauarbeiten wieder aufgeflammt. Zudem hätten die Hilfsorganisationen die Rahmenbedingungen der jeweiligen Regierungen berücksichtigen müssen.
Tony Burgener, Direktor der Glückskette, sagte, die Studie werde nun eingehend evaluiert. Sie solle bei künftigen Projekten dazu beitragen, die Hilfe noch gezielter einzusetzen. Konkrete Schlussfolgerungen könne er aber nicht präsentieren, da die Studie der Glückskette erst seit dieser Woche vorliege.